EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini erklärte, es habe in der Vergangenheit mehrere besorgniserregende Fälle gegeben, zuletzt gegen den Kreml-Kritiker Alxej Nawalny.
Sein Vorgehen gegen Korruption und die Reaktion Moskaus zeigten genau, wie es um die Justiz in Russland bestellt sei, so Mogherini. "Wir fordern die russischen Behörden auf, für Menschenrechte einzutreten". Im Europarat werde Russland zur Rechenschaft gezogen, wenn es seinen Verpflichtungen nicht nachkommt.
Die Europamandatare waren sich großteils einig. Der rumänische EVP-Abgeordnete Christian Dan Preda warf der russischen Regierung von Wladimir Putin die Wiederholung stalinistischer Praktiken vor. Nawalny habe erklärt, dass das Putin-Regime korrupt sei und Ganoven tätig seien. Daran sei nichts anstößig. Rechtstaatlichkeit werde in Russland mit Füßen getreten.
Der SPÖ-Europamandatar Josef Weidenholzer bekrittelte die lange Kette von Behinderung und Ausschaltung missliebiger Konkurrenten in Russland. Es handle sich um eine "systematische Verletzung der politischen Grundfreiheiten", dies behindere die Entwicklung Russlands zu einer parlamentarischen Demokratie. Trotzdem sei die Verbesserung der Beziehungen zu Russland dringend notwendig.
Der Chef der Liberalen Guy Verhofstadt bezeichnete das Vorgehen gegen Nawalny als Schritt der Einschüchterung und Zynismus. Dies zeige ehemalige Sowjet-Taktiken. Es gehe auch nicht an, dass einfach der Bruder von Nawalny, Oleg, in Sippenhaft genommen werde. Die Straflosigkeit der Leute im Putin-Regime müsse beseitigt und die Protestierer in Russland geschützt werden.
Tamas Maszerics von den Grünen kritisierte, dass Nawalny nur deshalb verhaftet wurde, weil er die Korruption in den hohen Etagen der russischen Regierung angeprangert habe. Einschüchterung der Opposition durch Miteinbeziehung von Familienmitgliedern sei bei Autokraten leider üblich.
Die Abgeordnete Marie-Christine Vergiat von den Nordischen Grünen relativierte das Vorgehen Russlands gegen Nawalny. "Was will die EU, will man Russland in die Knie zwingen oder die Menschenrechtslage verbessern. Der Fall Nawalny ist nicht das beste Beispiel. Er hat ja sehr harte Worte gefunden". Diese Aussage rief teils entschiedene Proteste anderer Mandatare hervor. Vergiat gab sich unbeeindruckt und meinte, "wir möchten den Dialog wieder mit Russland aufgreifen. Ohne Konzessionen, aber es darf auch keine Erniedrigung geben, wie das oft hier passiert".
Der Kremlkritiker Nawalny war erst am gestrigen Mittwoch wegen eines angeblichen Verstoßes gegen seinen Hausarrest vorübergehend festgenommen worden. Nach einem "Gespräch" in einer Polizeistation in Moskau sei er wieder freigelassen worden, teilte der 38-Jährige mit.