Frankreich setzte am Sonntag Nachmittag ein starkes Zeichen gegen den Terror. Staats- und Regierungschefs aus 50 Ländern liefen an der Spitze des "Republikanischen Marschs" in Paris. Auch in Wien und anderen europäischen Großstädten fanden Kundgebungen statt.

"Paris ist heute die Hauptstadt der Welt", sagte Frankreichs Präsident Francois Hollande vor dem Gedenkmarsch bei einem Ministertreffen. "Das ganze Land" stehe für seine Werte auf. Unter strahlend blauem Himmel strömten bereits ab dem Mittag Hunderttausende Menschen in die Pariser Innenstadt, am Nachmittag setzte sich der Zug dann am Platz der Republik in Bewegung. Nach Veranstalterangaben waren 1,3 bis 1,5 Millionen Menschen in Paris auf den Beinen. Das Innenministerium sprach von einer "beispiellosen" Versammlung, eine genaue Angabe der Teilnehmerzahl sei schlichtweg "unmöglich".

Staats- und Regierungschefs in Paris

Ganz vorne liefen Familienangehörige der 17 Opfer der islamistischen Angriffe mit. Ihnen folgten nach einer Schweigeminute die Politiker, darunter neben Hollande, der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und zahlreichen EU-Regierungschefs wie dem britischen Premierminister David Cameron der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu, Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sowie Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas. In der ersten Reihe marschierten unter anderem Merkel, Hollande, Netanyahu und Abbas, die sich als Zeichen der Einigkeit unterhakten.

Neben der gesamten französischen Regierung und vielen weiteren Politikern wie den Ex-Präsidenten Jacques Chirac und Nicolas Sarkozy reihten sich auch zahlreiche Vertreter von kirchlichen Organisationen, Gewerkschaften, Parteien, Medien und Verbänden in den Gedenkzug ein. Österreich war durch Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ), Außenminister Sebastian Kurz und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (beide ÖVP) vertreten.

"Je suis Charlie"

Viele Demonstranten schwenkten französische Flaggen und sangen die Nationalhymne. Immer wieder wurde in Sprechchören "Charlie, Charlie" gerufen, unzählige Demonstranten hielten Schilder mit der Aufschrift "Je suis Charlie" hoch. Mit diesem Bekenntnis demonstrieren zahllose Menschen in ganz Frankreich und weltweit seit Mittwoch für Toleranz, Demokratie und Meinungsfreiheit.

Auch abseits des zentralen Gedenkmarschs in Paris gingen in zahlreichen französischen Städten am Sonntag weitere bis zu zwei Millionen Menschen auf die Straße. Die mit Abstand größte Kundgebung gab es mit etwa 300.000 Teilnehmern in Lyon, gefolgt von Bordeaux und Rennes.

In Dammartin-en-Goële nordöstlich von Paris zogen etwa 10.000 Menschen durch die Straßen. In dem 8000-Einwohner-Ort hatten sich die beiden Attentäter nach dem Anschlag auf "Charlie Hebdo" in einer Druckerei verschanzt, wo sie am Freitag von der Polizei erschossen wurden. Bereits am Samstag hatten in ganz Frankreich mehr als 700.000 Menschen demonstriert.

Berlin, Madrid, London, Brüssel

Auch in Berlin, Madrid, London, Brüssel und vielen weiteren europäischen Großstädten solidarisierten sich am Sonntag Zehntausende Menschen mit den Anschlagsopfern. Auf dem Pariser Platz vor der französischen Botschaft in Berlin versammelten sich nach Polizeiangaben etwa 18.000 Menschen. In Brüssel gingen 20.000 Menschen auf die Straße.

Über 12.000 Menschen haben laut Polizeiangaben am Sonntag auch in Wien im Rahmen der Gedenkveranstaltung "Gemeinsam gegen den Terror" der Opfer der Terrorattacken in Paris gedacht. Die österreichische Politik war mit zahlreichen Amtsträgern vertreten, allen voran Bundespräsident Heinz Fischer, Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP).

Die Teilnehmer schwenken französische Fahnen und rufen immer wieder
Die Teilnehmer schwenken französische Fahnen und rufen immer wieder "Vive la France" © AP

Mit dem Anschlag auf die Satire-Zeitung "Charlie Hebdo", die für ihre Mohammed-Karikaturen von Islamisten angefeindet wurde, hatte am Mittwochvormittag die Anschlagsserie in und um Paris begonnen. Insgesamt zwölf Menschen starben dort und während der Flucht der beiden Attentäter. Ein islamistischer Gesinnungsgenosse der beiden tötete am Donnerstag in Montrouge südwestlich der französischen Hauptstadt eine Polizistin und erschoss am Freitag vier Geiseln in einem jüdischen Supermarkt in Paris.

Die drei Islamisten, die nach eigenen Angaben Verbindungen zum Terrornetzwerk Al-Kaida und der Extremistenorganisation "Islamischer Staat" (IS) hatten, wurden am Freitag bei Polizeieinsätzen getötet. Am Wochenende wurden weitere Einzelheiten bekannt: Nach Angaben der Staatsanwaltschaft ist der Attentäter Amedy Coulibaly womöglich auch für mehrere Schüsse auf einen Jogger am Mittwochabend im Großraum Paris verantwortlich. Während ein mutmaßliches Bekennervideo des Islamisten im Internet auftauchte, verurteilte Coulibalys Familie die Taten. In Paris galt weiter die höchste Sicherheitsstufe. Allein der Gedenkmarsch im Stadtzentrum wurde von rund 2.200 Einsatzkräften abgesichert.

Tweets #JeSuisCharlie

Nach dem Terroranschlag auf das Pariser Satiremagazin "Charlie Hebdo" hat sich der Slogan "Je suis Charlie" (Ich bin Charlie) als Zeichen der Solidarität in Windeseile weltweit verbreitet: Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter wurde der Hashtag #JeSuisCharlie nach den Attacken in der Vorwoche schon zig Millionen Mal benutzt.