Der frühere italienische Regierungschef Silvio Berlusconi ist im sogenannten Ruby-Prozess von einem Berufungsgericht freigesprochen worden. Damit wurde das erstinstanzliche Urteil gekippt, mit dem Berlusconi vor einem Jahr wegen der Prostitution von Minderjährigen und Amtsmissbrauchs noch zu sieben Jahren Haft verurteilt worden war. "Ich bin bewegt", meinte Berlusconi anschließend.
Nach vierstündigen Beratungen urteilte das Mailänder Berufungsgericht, dass Berlusconi während seiner Amtszeit als Premier 2010 nicht seinen Einfluss auf die Polizei genutzt hatte, um die Freilassung der wegen Diebstahls festgenommenen minderjährigen Nachtklubtänzerin Karima El Marough alias "Ruby Herzensbrecherin" aus dem Polizeigewahrsam zu erwirken. In Bezug auf den Vorwurf der Prostitution liege keine strafbare Handlung vor, urteilten die Richter. Berlusconi wurde vorgeworfen, für Sex mit Ruby gezahlt zu haben, als diese noch unter 18 war.
Die Mailänder Staatsanwälte, die 2010 die Ermittlungen gegen Berlusconi im Fall Ruby aufgenommen hatten, können jetzt beim Kassationsgericht in Rom, der dritten und letzten Instanz im italienischen Strafsystem, Berufung gegen den Freispruch einreichen. Mit einem letztinstanzlichen Urteil wäre dann voraussichtlich im kommenden Jahr zu rechnen.
Während das Urteil gefällt wurde, befand sich Berlusconi im Seniorenheim in Cesano Boscone bei Mailand, wo er seit zwei Monaten Sozialdienst leistet. Im Altersheim pflegt der TV-Unternehmer alte Menschen, die an Demenz leiden. Berlusconi verließ das Seniorenheim, ohne seinen Freispruch gegenüber den auf ihn wartenden Journalisten zu kommentieren.
"Dieser Freispruch hat meine rosigsten Erwartungen übertroffen", kommentierte Berlusconis Verteidiger Franco Coppi. Der Freispruch sei unter anderem darauf zurückzuführen, dass Berlusconi das wahre Alter der minderjährigen Marokkanerin "Ruby" nicht kannte, die in seiner Luxusresidenz in Arcore verkehrte.
"Die Vorwürfe gegen mich waren ungerecht und verleumderisch", sagte Berlusconi. "Mein erster Gedanke gilt meinen Angehörigen, die mit mir Jahre der Medienaggression und der Verleumdungen erlitten haben", so der frühere Regierungschef. Er lobte auch das Gericht, das ihn freigesprochen hatte. "Die Mehrheit der Richter sind ausgewogen und ernsthaft", betonte er.
Sein Freispruch werde sich positiv auf seine konservative Oppositionspartei Forza Italia auswirken. "Von heute an können wir mit mehr Gelassenheit unseren politischen Weg fortsetzen, an dem sich jedoch nichts ändert. Das liegt im Interesse Italiens, der Demokratie und der Freiheit", so der Regierungschef.
Berlusconis 29-jährige Freundin Francesca Pascale feierte den Freispruch des Medienzaren. "Heute ist der schönste Tag meines Lebens. Ich habe wie ein Kind geweint. Die Gerechtigkeit hat gesiegt", kommentierte Pascale.
Kritisch zeigten sich dagegen Berlusconis politische Rivalen. "Von sieben Jahren auf Null beim Berufungsprozess. Berlusconi schneidet noch besser ab als Deutschland gegen Brasilien bei der Fußball-WM", kommentierte ein Parlamentarier der oppositionellen Fünf-Sterne-Bewegung, Alessio Villarosa.
Im August 2013 war Berlusconi wegen Steuerbetrugs letztinstanzlich zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Daraufhin war er im November aus dem Parlament ausgeschlossen worden. Wegen einer Amnestie wurde die Strafe auf ein Jahr reduziert. Als alternative Strafmaßnahme leistet Berlusconi seit zweieinhalb Monaten einmal wöchentlich Sozialdienst. Der Medienzar ist Chef der rechtskonservativen Oppositionspartei Forza Italia.