Eigentlich ist ihr Job ein anderer: Krankheitserreger zu erforschen, Modelle zu entwerfen, Patienten zu behandeln. Doch heimische Expertinnen und Experten müssen seit fast zwei Jahren auch die Pandemie erklären. Zwischen Expertengremien, Interviews und der eigentlichen Arbeit in Forschungszentren und Spitälern bleibt wenig Zeit für Hobbies, Freunde und Familie.

Christoph Wenisch: Pointierte Aufklärung

Das Bild ging am 27. Dezember 2020 um die Welt, transportierte die Euphorie, dass jetzt die schützende Impfung endlich da war. Christoph Wenisch war einer der ersten, die in Österreich geimpft wurden.

Vom Start der Pandemie an, versorgte der Leiter der Infektionsabteilung der Klinik Favoriten Covid-19-Patienten. In zahlreichen Interviews erklärte der Infektiologe, der auch am Universitätsklinikum Graz tätig war, die Auswirkungen dieser so tückischen Krankheit und die Vorteile der Impfung. Nachdem er Morddrohung erhielt, zog er sich für einige Zeit aus der Öffentlichkeit zurück.

Wenisch ist fünffacher Vater, als Ausgleich ist der Hobbytriathlet auf seinem Rennrad, auf einer Laufstrecke oder im Schwimmbad anzutreffen. Und hin und wieder – „wenn ich was zu sagen habe“ – gibt er auch wieder Interviews und versucht gewohnt pointiert aufzuklären. Denn „die Impfung ist der ,Sieg’ gegen die Krankheit“.

Dorothee von Laer: Mahnende Expertise

Virologin Dorothee von Laer.
Virologin Dorothee von Laer. © APA/HELMUT FOHRINGER

"Mein Vater war einer der ersten Klimaforscher, mein Großvater hat gegen die Nazis gekämpft. Es liegt in der Familientradition, nicht den Mund zu halten, um beliebt zu sein", sagt Dorothee von Laer. Und die Virologin ist eine Frau der klaren Worte. Ihr Vater war übrigens der Nobelpreisträger Klaus Hasselmann.

Als die gebürtige Deutsche Anfang 2021 – anlässlich der Ausbreitung der Beta-Variante des Coronavirus– vor einem zweiten Ischgl warnte, schlugen ihr massive Anfeindungen entgegen. Teilweise ging die Direktorin der Virologie der Medizinischen Universität Innsbruck nur mit Perücke auf die Straße.

Mittlerweile hat von Laer ihren Hauptwohnsitz ins Burgenland verlegt. Ebenda besitzt die Mutter dreier Töchter einen Reitstall. Vor der Pandemie hat von Laer vor allem an Krebsviren geforscht. Ein von ihr mitgegründetes Start-up wurde von einem Pharmakonzern für einen dreistelligen Millionenbetrag gekauft.

Florian Krammer: Virologisches Wissen via Twitter

Der Impfstoffforscher Florian Krammer.
Der Impfstoffforscher Florian Krammer. © Claudia Paul - www.claudiapau (Claudia Paul Productions)

"Er weiß mehr als wir alle zusammen", sagt Dorothee von Laer über den Steirer Florian Krammer. Der Virologe und Impfstoffforscher lebt in New York und arbeitet an der Icahn School of Medicine at Mount Sinai. Grippeviren waren vor der Pandemie Forschungsmittelpunkt, nun ist es Sars-CoV-2.

Dass dieses Virus anders – gefährlicher – sei, war Krammer rasch klar. Sein Wissen teilt er nicht nur in Interviews sondern sehr unmittelbar auch auf Facebook und Twitter – da kann es schon vorkommen, dass er US-Rapperin Nicki Minaj "faktencheckt".

Abseits der Pandemie geht Krammer laufen, radfahren, wandern und Schwammerl suchen: "Wenn ich Schwammerl suchen gehe, denke ich nicht an Viren."

Peter Klimek: Durch Einzelteile Systeme verbessern

Komplexitätsforscher Peter Klimek
Komplexitätsforscher Peter Klimek © Eugenie Sophie

"Auch bei einem Team geht es um Einzelteile, die ein Gesamtsystem verbessern“, beschreibt der Komplexitätsforscher Peter Klimek sportliche Leidenschaft und wissenschaftliches Fachgebiet. Der studierte Physiker wuchs in einer Fußballer-Familie auf, beobachtet gerne, wie der Ball zirkuliert.

Nach seiner Diplomarbeit über Quanteninformation sattelte Klimek auf Big Data um und nahm Risikobewertungen für Großunternehmen vor, heute hat er sein Büro am Complexity Science Hub in Wien. Dort forscht der außerordentliche Professor der MedUni Wien auch an Gesundheitsdaten.

Corona rückt andere Forschungsgebiete in den Hintergrund. Als Mitglied des Prognosekonsortiums erklärt Klimek geduldig Politik und Medien, was die Daten zeigen. Sollten die Zahlen es erlauben, wird der zweifache Vater „einige Reisen nachholen und den Mail-Eingang eine Weile nicht prüfen.“

Monika Redlberger-Fritz: Information, rasend schnell vermittelt

Die Virologin Monika Redlberger-Fritz
Die Virologin Monika Redlberger-Fritz © ORF

Stellt man Monika Redlberger-Fritz eine Frage, muss der Bleistift gespitzt sein. Denn die Virologin spricht schnell, sehr schnell. Und sie hat auch enorm viel zu sagen.

Als Leiterin der Referenzlabore für die Erfassung und Überwachung von Influenza-Virusinfektionen sowie RS-Viren weiß kaum jemand in Österreich so gut über saisonale Grippe- und RSV-Wellen bescheid. Mit Sars-CoV-2 kam nun ein weitere Erreger hinzu, dessen Eigenheiten Redlberger-Fritz zu erklären weiß.

Auch die Wirkung der Impfung bzw. das Aufklären von Impfmythen ist ihr ein Anliegen. So absurd diese auch sein mögen, am Ende eines langen Tages helfen diese Mythen und Verschwörungstheorien der Wissenschaftlerin der Med Uni Wien beim Abschalten. Dann nämlich, wenn sie sich mit Arbeitskollegen humorvoll über die absurdesten Highlights des Tages austauscht.

Gerry Foitik: Erklär-Bär mit Punkte-Plan

Rot-Kreuz Bundesrettungskommandant Gerry Foitik.
Rot-Kreuz Bundesrettungskommandant Gerry Foitik. © APA/GEORG HOCHMUTH

Schon beim Donauhochwasser 2002 war Gerry Foitik leitend im Einsatz. Fast zwanzig Jahre später kommt die Flut in Viruswellen, wieder der steht Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes in Uniform an der Front. Stets klar und bestimmt, strahlt der 51-jährige Autorität aus, die in der Krise oft fehlt.

Dass der studierte Betriebswirt auch lachen kann, zeigte zu Beginn der Pandemie seine Corona-Maske mit Smiley, die er auch im ZIB2-Studio nicht abnahm. Mittlerweile greift Foitik immer öfter auch zu Twitter, um in kurzen Punkte-Plänen teils erhebliche Verschärfungen der Corona-Maßnahmen zu fordern.

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger gefiel Foitiks Kommunikation in der Krise so sehr, dass sie ihn als „Erklär-Bär“ des Corona-Krisenstabs vorschlug.

Niki Popper: Mit Jazz zum Meister der Modelle

Simulationsforscher Niki Popper
Simulationsforscher Niki Popper © APA/GEORG HOCHMUTH

Die Rolle des Nerdes sei „gut fürs wissenschaftliche Geschäft“, meint der Simulationsforscher Niki Popper, dessen Haarpracht es schon in „Willkommen Österreich“ geschafft hat, im Sommer zum Monatsmagazin Datum. Der 47-jährige macht mit seinen Modellen Komplexes greifbar - von Verkehrsflüssen bis Ansteckungsketten.

Popper studierte Mathematik, Philosophie und Jazztheorie, blieb aber nur der Mathematik bis zum Studienabschluss treu. Als ORF-Journalist lernte er Wissenschaftsvermittlung, die er mit Simulationen und Modellen paart, um der Regierung von Tag 1 die Pandemie zu berechnen und der Bevölkerung verständlich zu machen.

Geerdet bleibt der Wiener durch seine Kinder und seine Hobbys, die ihn von der Küche an den Esstisch führen. Dem Jazz ist er treu geblieben - wenn auch nur als Zuhörer.