Rund um die Uhr eine pflegebedürftige Person betreuen, auch in der Nacht, für ein Gehalt, das weit unter dem Mindestlohn liegt. 24-Stunden-Pflegekräfte, meist aus osteuropäischen Ländern, werden in Österreich und Deutschland systematisch ausgebeutet. Nun sorgt ein Gerichtsurteil in unserem Nachbarland für Aufsehen: Eine Pflegerin aus Bulgarien hatte geklagt und das Gericht sprach ihr das Recht auf den gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland zu - auch in Bereitschaft. Dies würde aber die Betreuung für die meisten Pflegebedürftigen und ihre Familien unerschwinglich machen - ein Dilemma. CDU-Politiker Jens Spahn brachte nun eine gesetzliche Regelung für die häusliche Pflege ins Spiel.

Ausbeutung bewusst ignoriert

Der Arbeits- und Sozialrechtler Wolfgang Mazal sagt im Ö1-Morgenjournal dazu: "Über die Ausbeutung würde auch in Österreich lange Jahre bewusst hinweggesehen. Zudem gibt es in unserem Land bereits seit 2011 ein ähnliches Gesetz, welches aber weitgehend ignoriert wird. Das verstehe ich bis heute nicht." Dabei verstärkte die Pandemie den Trend zur Pflege daheim.

Laut Mazal "liegen Klagen in der Luft": "Es ist hoch an der Zeit, dass endlich eine gesamtgesellschaftliche Lösung gefunden wird. Eine, die auch finanziell leistbar ist."

Auch die Frage, wie eine gute Lösung aussehen könnte, sagte Mazal: "Wenn jemand rund um die Uhr für mich da ist, muss er auch entsprechend bezahlt werden. Wir können mit einem Schichtenmodell arbeiten, wo mehrere Pflegekräfte eine Person betreuen, auch technologische Fortschritte spielen eine Rolle - es muss nicht immer jemand anwesend sein."

Fakt ist laut dem Experten jedenfalls: "Es müssen viel mehr öffentliche Gelder in diesen Bereich fließen - sonst rechne ich mit einer deutlichen Zahl von Klagen."