Wie geht es mit der FPÖ nach dem überraschenden Rücktritt von Parteichef Norbert Hofer weiter? Ab 8 Uhr stellen die Freiheitlichen am heutigen Montag die Weichen, das Parteipräsidium kommt an einem geheimen Ort zusammen. Klubobmann Herbert Kickl zeigt sich bereit für die Parteiführung, mit Ausnahme der oberösterreichischen Landesgruppe hat er nicht mit Widerstand zu rechnen. „Es wird hauptsächlich darum gehen, ob man Herbert Kickl designiert“, erklärte die Salzburger FPÖ-Chefin Marlene Svazek, sie ist auch stellvertretende Bundesparteiobfrau, am Sonntagabend in der ORF-Diskussionssendung „Im Zentrum“. Svazek begrüßt es, die Funktionen des Klubobmanns und des Parteiobmanns zusammenzuführen. „Ich sehe keinen Grund länger zuzuwarten“.

Parteikollege Matthias Krenn, Bundesobmann der Freiheitlichen Wirtschaft und Bürgermeister von Bad Kleinkirchheim, fordert hingegen eine breite Diskussion über die künftige Ausrichtung der Partei. „Diese Zeit muss man sich geben“. Es gehe jetzt um Orientierung für die freiheitliche Wählerschaft. „Das Zuspitzen des Themas Corona missfällt vielen Menschen“, meint Krenn. Man dürfe nicht nur darauf reduziert werden. Den überraschenden Rückzug Hofers sehen die beiden FPÖ-Vertreter kritisch. „Wir hätten uns gewünscht, dass man einen ordentlichen Übergang schafft“, betont Krenn. „Wenn man seinen Rückzug über Twitter bekanntgibt, hat das viel persönliche Gründe. Bei innerparteilichen Differenzen hätte man in den Gremien Tacheles reden müssen“, sagt Svazek.

"Polarisierung ist wichtiger als Sympathie"

„Hofer wollte sich noch an der Partei rächen“, analysiert die Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle. „Wäre Herbert Kickl schon als neuer Parteichef geplant gewesen, hätte man das ganz einfach übergeben können.“ Bei ihrer Neuaufstellung müsse sich die FPÖ bewusst sein, dass „niemand mit einem Parteiobmann Kickl koalieren wird“, sagt Stainer-Hämmerle. Zu stark polarisiere dieser. Genau das könnte die FPÖ aber auch beflügeln. „Polarisierung ist wichtiger als Sympathie“, betont der Meinungsforscher Christoph Haselmayer. „Bei Kickl geht das eher in Richtung Haider und Strache.“ Laut Umfragen schaffe Kickl mit dieser Polarisierung „eine Wählerrückholaktion bei der ÖVP“, sagt Haselmayer. „Die Zustimmungsraten sind bei Kickl höher als bei anderen FPÖ-Politikern.“

Ungeachtet der eigenen Neuaufstellung ist einer in der FPÖ nicht mehr gut angeschrieben: Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Der neue Kärntner FPÖ-Chef Erwin Angerer schließt im Interview mit der Kleinen Zeitung eine neuerliche Koalition mit Kurz aus. Und Svazek bekräftigt das in der „Im Zentrum“-Diskussion: „Bei all dem, was die ÖVP derzeit in der Republik aufführt, kann ich mir eine Koalition mit der ÖVP unter Sebastian Kurz nicht mehr vorstellen.“