Vier Meter hoch ist die Bronzestatue des ehemaligen Wiener Bürgermeisters Karl Lueger am gleichnamigen Platz am Stubenring. Der Sockel darunter ist auch mehrere Meter hoch und seit Monaten mehrmals mit dem Wort "Schande" besprüht. Seit Jahren brodelt die Diskussion um das Erbe Luegers im öffentlichen Raum dahin, vergangenen Juni ist sie das vorerst letzte Mal aufgekocht. Der Sockel wurde besprüht, gereinigt, wieder besprüht, wieder gereinigt. Irgendwann haben die Verantwortlichen das Putzen aufgegeben.

Geht es nach der Kampagnenorganisation #aufstehn, soll die Statue nun endgültig runter von ihrem hohen Sockel. Sie hat sieben Expertinnen und Experten aus verschiedenen Disziplinen in einer Kommission zusammengetrommelt, um sich zur Zukunft des Platzes Gedanken zu machen. Darunter die Historiker Oliver Rathkolb und Florian Wenninger, die Architektin Gabu Heindl und die Kunsthistorikerin Mechtild Widrich.

"Denkmäler sind keine Geschichtsbücher"

Herausgekommen sind vier Empfehlungen, die #aufstehn und die Kommission an die Stadt und den Bezirk richten. Es seien das die "kleinsten gemeinsamen Nenner", hinter denen alle Kommissionsmitglieder stehen würden, heißt es von #aufstehn. Der Platz soll umbenannt und umgestaltet werden, die Umgestaltung öffentlich ausgeschrieben und die Statue dabei zumindest "ihren ehrenden Charakter verlieren". Denn nichts anderes ist das Denkmal, sagt Historiker Florian Wenninger: "Denkmäler sind keine Orte der Geschichtsschreibung, sondern Orte der Ehrung."

Und über diese Ehrung müssten wir uns als Gesellschaft Gedanken machen, ist sich die Kommission einig: "Es ist höchste Zeit, in aller Deutlichkeit zu zeigen, dass Antisemitismus in unserer Stadt keinen Platz hat – im wahrsten Sinne des Wortes", sagt #aufstehn-Kampagnenleiterin Jasmin Chalendi. Schließlich erzähle das Denkmal nur die halbe Geschichte, so Wenninger: "Die NS-Täter waren die dritte Generation, die mit Antisemitismus sozialisiert wurden. Lueger steht am Beginn dieser Entwicklung. Das sollte man bewusst machen."

Runder Tisch noch im Mai

Fehlt nur noch das "Wie". Darüber ist sich die Kommission nicht zu 100 Prozent einig, das möchte sie auch nicht entscheiden. Schließlich soll eine Umgestaltung öffentlich ausgeschrieben werden. Architektin und Stadtplanerin Gabu Heindl bringt etwa ins Spiel, den Platz jenen zu widmen, die die Hochquellenleitung tatsächlich gebaut haben. Der politische Wille dafür soll an einem Runden Tisch entstehen, den Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler für Ende Mai angekündigt hat.