Der tschechische Regierungschef Andrej Babis hat die Beschlüsse der EU in Sachen der Verteilung von zusätzlichen zehn Millionen Impfstoffdosen von Pfizer/BioNTech kritisiert. Er verstehe nicht, wie der portugiesische EU-Vorsitz einen "Kompromiss" ankündigen könne, wenn damit Tschechien, Österreich und Slowenien nicht einverstanden seien, sagte Babis gegenüber der Nachrichtenagentur CTK. Es beteiligen sich nur 24 EU-Staaten an dem Solidaritätsausgleich, Österreich, Slowenien und Tschechien klinkten sich aus.

Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bedauert "die mangelnde Solidarität gegenüber Tschechien", wenngleich die rund 199.000 Impfdosen für Österreich ein "solides Ergebnis" seien. Sie entsprechen exakt der Österreich zustehenden Menge nach dem Bevölkerungsschlüssel, es gab kein Zubrot.

"Ins Aus manövriert"

Scharfe Kritik an der Haltung des Kanzlers im EU-Streit um die Verteilung von Corona-Impfstoffen kommt von SPÖ und NEOS. "Wir haben uns vollkommen ins Aus manövriert. Bravo!", schrieb die NEOS-Europaabgeordnete Claudia Gamon am Freitag auf "Twitter". Der stellvertretende SPÖ-Klubvorsitzende Jörg Leichtfried sieht ein "schweres Versagen von Kurz am EU-Parkett".

Kurz sei "am EU-Parkett nicht nur ausgerutscht, er ist schwer gestürzt", sagte Leichtfried. Die Regierung Kurz habe zuerst auf 1,5 Mio. Dosen von Johnson & Johnson-Impfstoffe freiwillig verzichtet. Damit hätten, so Leichtfried, im Juni 1,5 Mio. Menschen in Österreich geimpft werden können. Dieser Verzicht sei grob fahrlässig gewesen. "Dann schlägt Kurz wild um sich, um Schuldige für das Impf-Chaos in Österreich zu suchen, attackiert die EU und fordert mehr Impfstoffe. Das Ergebnis dieses völlig undiplomatischen Vorgehens ist: Österreich bekommt keine einzige Dose mehr als vorgesehen", so Leichtfried.

Dass sich Österreich nun auch nicht einmal mehr am Solidaritätsmechanismus beteilige, zeige "wie plan- und ziellos Kurz auch in der EU agiere", so Leichtfried. "Österreich hat es nicht verdient, einen Kanzler zu haben, der unser Land ins internationale Abseits stellt."

"Es geht nur um eigenen Vorteil"

SPÖ-Delegationsleiter Andreas Schieder bemängelte: "Zuerst hat sich Bundeskanzler Kurz als Aufdecker und Sprecher gegen Ungerechtigkeit inszeniert, sobald es aber darum geht, diese vermeintlichen Ungerechtigkeiten abzustellen, will man nichts mehr davon wissen. Wie vorhergesagt ging es eben nie um gerechte Verteilung oder Solidarität mit bisher benachteiligten Mitgliedstaaten, sondern immer nur um den eigenen Vorteil." Nach Einschätzung von Schieder "wurde an allen Fronten das Schlechteste erreicht: Österreich bekommt nicht mehr Impfstoff als ohnehin vorgesehen und die EU-PartnerInnen sind brüskiert. Das türkis-grüne Impfchaos setzt sich auf allen Ebenen fort."

Gamon kritisierte, dass Österreich die bedürftigen Länder nicht mit eigenen Impfdosen unterstützt habe: "Österreich nimmt an dieser solidarischen Verteilung gar nicht Teil. Das offizielle Österreich lässt andere EU-Staaten im Stich."