Die Ferientage rund um Weihnachten gehören neben den Semesterferien zu den stärksten Abschnitten des heimischen Wintertourismus – und ausgerechnet um diese umsatzstarken Tage ist nun im gesamten europäischen Alpenraum ein Streit darum entbrannt, ob die Skigebiete trotz der Pandemie offen halten sollen oder besser zubleiben, zumindest bis Mitte Jänner.

Der Vorstoß der Italiener stößt in Frankreich und auch in Deutschland auf Verständnis; in beiden Ländern rechnet man damit, dass wesentliche Corona-bedingte Einschränkungen des täglichen Lebens ohnehin bis über den Jahreswechsel hinaus nötig sein werden. Widerstand regt sich in Südtirol und in Deutschland bei den Touristikern, die darauf verweisen, dass gerade beim Wintersport unter freiem Himmel und mit Lenkungsmaßnahmen wie Limitierung von Liftkarten die Ansteckungsgefahr gering sei. In der Schweiz hingegen stehen fast alle großen Skigebiete kurz vor der Eröffnung und in Österreich will man ebenfalls an der Saison festhalten. Wie berichtet, hatte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) versucht, der EU den schwarzen Peter zuzuschieben: Wenn diese eine Schließung vorgebe, müsse sie für die Kosten aufkommen.

Die EU-Kommission hatte daraufhin klargestellt, dass solche Entscheidungen keinesfalls von der Europäischen Union, sondern ausschließlich von den Mitgliedsstaaten selbst getroffen werden könnten. Auch in der Vergangenheit habe die EU-Kommission keinerlei Vorgaben gemacht, welche konkreten Einschränkungsmaßnahmen – wie Schließungen von Schulen und Geschäften – wann und wo zu ergreifen sind. „Es ist nach EU-Recht Aufgabe nationaler Regierungen und Parlamente, das angemessene Verhältnis zwischen wünschenswerter Freiheit und gesundheitspolitisch notwendigen Einschränkungen zu finden“, hieß es dazu in einer Stellungnahme.

Auch EU-Parlamentsvizepräsident Othmar Karas (ÖVP) hatte am Mittwoch bereits darauf hingewiesen, dass die EU „maximal Empfehlungen“ abgeben könne. Je mehr gemeinsam gemacht werde, desto weniger Probleme gebe es. Er würde auf die Entwicklung der Coronazahlen warten; Entschädigungen gingen so oder so immer zulasten der Steuerzahler.

Der Ton wird rauer

Zwischen Deutschland und Österreich wird der Ton indessen rauer. „Halb Europa ist im Frühjahr von Ischgl aus mit infiziert worden“, sagte gestern der bayrische Ministerpräsident Markus Söder (CSU), auch die „Süddeutsche Zeitung“ kommentierte unter dem Titel „Aus Ischgl nichts gelernt“. Eine Sperre der europäischen Skigebiete von vorneherein kategorisch auszuschließen, ohne die Entwicklung der Infektionszahlen in den kommenden Wochen zu kennen, sei „ebenso unverantwortlich wie unsolidarisch“. Söder legte gestern nach, indem er darauf hinwies, dass deutsche Staatsbürger, die nach Österreich zum Skifahren reisen, derzeit auch nach Tagesausflügen verpflichtend zehn Tage in Quarantäne müssten. Sollten die Deutschen ausbleiben, wären die Auswirkungen auf Österreich jedenfalls enorm. „Die deutschen Gäste sind die wichtigste Gruppe von ausländischen Gästen“, sagte Wifo-Experte Oliver Fritz dazu im Ö1-„Mittagsjournal“.

Die Schweiz beruft sich indessen auf frühere Absprachen: „Der Ansatz einer europaweit koordinierten Betriebszeit der Wintersportdestinationen wurde im Kreise der Alpenländer informell bereits im Spätsommer diskutiert und als ungeeignet nicht weiter verfolgt“, argumentiert beispielsweise Touristik-Sprecher Markus Berger.

Klar scheint, dass selbst dann, wenn Skigebiete offen haben, die klassischen Après-Ski-Veranstaltungen nicht stattfinden werden. Frankreich versucht einen Mittelweg, indem manche Skigebiete zwar in Betrieb sind, die Liftanlagen aber nicht – ob damit Touristen zufriedengestellt werden können, ist fraglich. Eine Umfrage der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) gemeinsam mit dem Wifo zeigt, dass aus heutiger Sicht die Freude der Urlauber auf Wintersport nur halb so stark ausgeprägt ist wie üblich. Bei sinkenden Coronazahlen und offenen Grenzen könnte sich das rasch wieder bessern, so die Hoffnung der Touristiker.