Das lateinische Wort Terror bedeutet Schrecken, und damit ist der Sinn von Terroraktionen sehr schnell erklärt: Es geht um die systematische Erzeugung von Angst und Schrecken, meist unter Einsatz schwerster Gewalt, oft mit Todesfolgen, um Menschen und Gesellschaften einzuschüchtern, zu schwächen und Regierungen unter Druck zu setzen. Terroristische Gruppierungen wie Neonazis, Dschihadisten, Salafisten, Palästinenser, Tschetschenen und andere verfolgen politische, wirtschaftliche oder religiöse Ziele, allen gemeinsam ist ein bestimmter Männertypus.

Einem im Internet kursierenden Manifest des IS ist die Zielsetzung dieser Terroranschläge klar zu entnehmen: Die vom IS so genannten „Grauen Zonen Europas“, gemeint sind jene Gebiete, in denen eine friedliche Koexistenz zwischen Nichtmuslim*innen und Muslim*innen gelingt, sollen zerstört werden. Die dadurch erzeugte antimuslimische Stimmung soll helfen, Muslime zu radikalisieren. Im Namen Allahs muss eine religiöse Staatsordnung errichtet werden. Diese Ordnung ist gegen eine Trennung von Staat und Religion, richtet sich gegen Menschenrechte, gegen die Religions- und Meinungsfreiheit und besonders vehement gegen die Gleichstellung von Mann und Frau.

Der islamistische Terrorismus ist ein von Männern dominierter Bereich. Propaganda, Rekrutierung, Anschlagsvorbereitungen und Gewaltakte gehen überwiegend von männlichen Personen aus. Der politische Islam will zurück in eine Welt vor der Aufklärung, in eine Welt, in der in den Augen der so wütenden Männer noch alles seine Ordnung hatte: in der der Mann das Sagen hatte und die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau die von Herr und Dienerin war. Als Symbol dieses Kampfes fungiert die Burka, die ideologische Flagge der Islamisten. Nach Alice Schwarzer die höchste Form der Frauenunterdrückung und Frauenverachtung. Bei den Tätern handelt es sich mehrheitlich um junge Männer im Alter von 28 bis 32 Jahren.

Erniedrigung und Ausgrenzung

Frauen spielen in allen terroristischen Bewegungen (mit Ausnahme der linksextremen RAF) eine untergeordnete Rolle. Nach dem traditionellen Rollenbild der militanten Dschihadisten ist die Rolle der Frau auf den häuslichen Bereich beschränkt. Jedes Wirken der Frau im öffentlichen Raum ist diesem Verständnis zufolge verboten. Als Objekte der Männer werden Frauen in helfenden Funktionen etwa zur Internetpropaganda oder als Lockvögel und Spitzel missbraucht. Sogenannte „lebende Bomben“ oder „Kamikaze-Frauen“ wurden sowohl in Sri Lanka als auch in der Türkei eingesetzt, Palästinenser und Tschetschenen instrumentalisieren die sogenannten schwarzen Witwen, die ihre Männer und Söhne verloren haben, als Selbstmordattentäterinnen.

Am Ende einer Ära des männlichen Vorrechts greifen die sogenannten Feminismusverlierer nicht selten zu drastischen Mitteln, um die alte Ordnung wieder herzustellen. Die Wege, die zur gewalttätigen Radikalisierung junger Männer führen, sind unterschiedlich, immer aber spielen persönliche und kollektive Krisen nach empfundener oder tatsächlicher Erniedrigung und Ausgrenzung eine große Rolle.

Sehnsucht, einmal ein Held zu sein

Allen Tätern gemeinsam ist eine Lebensgeschichte, in welcher Frustrationen über die eigene Lebenssituation, Arbeits- und/oder Beziehungslosigkeit Thema sind. Diese Situation benützen Hassprediger, um junge Männer in Moscheen und im Internet zu radikalisieren. Männlichkeitsgehabe und Todeskult sind Angebote an männliche Jugendliche, die in speziellen Lebenssituationen bei Einzelnen auf fruchtbaren Boden stoßen. Die Sehnsucht, einmal im Leben ein Held zu sein, wird von Medien, die Bilder und Namen der Attentäter wochenlang präsent halten, perfekt bedient.

Der Hintergrund terroristischer Einzelattacken ist nicht an eine bestimmte Ideologie gebunden. Es findet sich bei Tätern das gesamte Spektrum an rechtsradikalem, linksradikalem und salafistisch-dschihadistischem Gedankengut. Oft entwickeln solche Täter auch völlig eigenständige Hassideologien. Zu diesen Tätern gehört der Briefbombenbauer Franz Fuchs, der in seinem Jugendzimmer im Elternhaus im steirischen Gralla hinter verschlossenen Türen alleine und lange Zeit unbemerkt Bomben bastelte und damit Menschen in ganz Österreich tötete oder schwer verletzte. Nachdem er gefasst wurde, beging er in der Haft Suizid.

Toxische Männlickeit

Ebenso einsam und fanatisch agierte der norwegische, rechtsterroristische und islamfeindliche Massenmörder Anders Behring Breivik. Er beging am 22. Juli 2011 die Anschläge in Oslo und auf der Insel Utøya, bei denen 77 junge Menschen ums Leben kamen. Er wurde wegen Terrorismus verurteilt und erhielt die Höchststrafe.

Junge Männer in Amerika schießen in Schulen wild um sich und töten Mitschüler*innen, einfach, weil sie wütend sind. Der Begriff „toxische Männlichkeit“ bezeichnet stereotype, repressive Vorstellungen, wie männliche Geschlechterrollen auszusehen haben und welche Art von Emotionen und Verhaltensweisen Jungen und Männer an den Tag legen müssen. Zu diesen forcierten Verhaltensweisen gehören nicht nur Sexismus und Frauenverachtung, sondern auch das Verspotten und Diskriminieren von Männern, die nicht der Idee des wahren Mann-Seins entsprechen.

Auch Männer leiden unter Patriarchat

Geschlechterforschung, die sich mit toxischer Maskulinität beschäftigt, zeigt, dass auch Männer unter den Machtstrukturen des Patriarchats, den so propagierten Männlichkeitsbildern und Männlichkeitsriten leiden. Männlichkeit muss hierbei immer wieder unter Beweis gestellt werden, zum Beispiel durch Mutproben, Trinkspiele, physisches Kräftemessen oder Erniedrigungsrituale anderen gegenüber.

Das Patriarchat, wie wir es noch immer kennen, bietet Männern, die aus diesen Normen ausbrechen wollen oder herausfallen, wenig Alternativen an. In einer Welt, in der Männer keine Schwäche zeigen dürfen, ihren Umgang mit anderen Männern grundsätzlich statt auf Kooperation auf Wettbewerb und Dominanz ausrichten, Gefühle unterdrücken und Ängste verschweigen müssen, bleiben diese, sollten sie aus irgendeinem Grund aus der Spur geraten, auf der Strecke. Auswege aus der Krise werden folgerichtig dort gesucht, wo eine Form von Hyper- oder Supermännlichkeit praktiziert werden kann.

Verunsicherung und Orientierungsverlust

Insofern wird auch deutlich, warum der politische Islam und andere fundamentalistische Ideologien mit ihren strikten Regelwerken scheinbare Sicherheit vermitteln. Eine unübersichtlich gewordene Welt, in der alte Vereinbarungen nicht mehr gelten, eine offene Gesellschaft, die Freiheit für Frauen, Homosexuelle und Andersdenkende forciert, bringt stereotype Männlichkeitsmuster ins Wanken.

Die Wahl der Freiheit und Selbstbestimmung führt zu Verunsicherung und Orientierungsverlust. Was für viele Menschen, insbesondere Frauen, einen Zugewinn an Freiheit und Gestaltungsspielraum bedeutet, ist für diese Männer die unerträgliche Zumutung der Moderne, die sie in die Krise stürzt. Als Reaktion flüchten sie sich in simple Ideologien von Gut und Böse. Eine Gesellschaft, die mit solidarischer Vielfalt den toxischen Männlichkeitsbildern entgegenhält, kann ein Angebot sein.