Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) unterbreitet den Klubchefs der Parlamentsparteien sowie den Landeshauptleuten heute die geplanten Corona-Maßnahmen, die am Nachmittag auch öffentlich bekannt gegeben werden. Zuvor konsultiert der Kanzler auch noch Bundespräsident Alexander Van der Bellen.

Im Vorfeld zur Videokonferenz mit dem Kanzler geben SPÖ-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner und Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger heute ein gemeinsames Statement ab.

SPÖ und Neos sind verärgert darüber, dass der Entwurf für die neue Verordnung gestern bereits an Journalisten durchgestochen wurde, den Oppositionsparteien und SPÖ-Landeshauptleuten aber erst um 1.20 Samstag früh übermittelt wurde.

Die Videokonferenz mit Kanzler und Gesundheitsminister ist für 15 Uhr anberaumt, danach, für 16.30 Uhr bereits die Pressekonferenz. Zu wenig Zeit, um miteinander ausführlich zu diskutieren, daher übermittelten Rendi-Wagner und Meinl-Reisinger den Regierungspolitikern bereits um 11 Uhr fünf Forderungen, die bis 15 Uhr einzuarbeiten seien:

  • Unbürokratische Unterstützungsleistungen für Unternehmen seien nötig: 430.000 Menschen seien jetzt schon arbeitslos. Täglich kommen Firmenpleiten dazu, immer größere Firmen seien betroffen.
  • Schulen und Kindergärten müssen offen halten, zumindest bis 14 Uhr
  • Der flächendeckender Schutz aller Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen, einschließlich der mobilen Pflege, sei sicherzustellen, auch durch eine gezielte Teststrategie mit den neuen Antigen-Tests bei Mitarbeitern und Besuchern, inklusive Kostenübernahme durch den Bund
  • Contact Tracing dürfe nicht fallen gelassen werden, das sei  zentrales Element jeder Epidemiebekämpfung. Arbeitslose, Bundesheer, seien einzubinden, um das nötige Personal zur Verfügung zu haben
  • Transparenz nicht nur in Bezug auf die absoluten Zahlen sondern in Bezug darauf, wo die größten Infektionsrisken seien

Zu gezielten Maßnahmen aufgrund der steigenden Zahlen stehen SPÖ und Neos. Die Zustimmung hänge davon ab, ob das endgültige Vorgehen nachvollziehbar und transparent sei. Die Begründungen wolle man um 15 Uhr hören. Rendi-Wagner wartet insbesondere auf die Argumente für die Ausgangssperre, mit der man "kriegsähnliche Zustände" herbeiführe. Meinl-Reisinger sind die Kultureinrichtungen wichtig, die so viel Energie in die Präventionskonzepte gesteckt haben. Sie will hören, ob die Absage aller Veranstaltungen tatsächlich gerechtfertigt ist. Gegen zu große Einschnitte in die Freiheit der Menschen werde man eventuell im Wege einer punktuellen Abstimmung votieren.

Sozialpartner an Bord

Die Sozialpartner haben schon gestern nach einer Besprechung mit der Regierung Begleitmaßnahmen für den bevorstehenden zweiten "Lockdown" gefordert. Arbeiterkammerpräsidentin Renate Anderl (SPÖ) erklärte nach dem gut einstündigen Gespräch ihre Bereitschaft, Maßnahmen mitzutragen. Gleichzeitig pochte sie darauf, dass die Schulen offen halten und Arbeitnehmer Sonderbetreuungszeit erhalten. Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer (ÖVP) fordert diesmal raschere Entschädigung für Unternehmer.

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian (SPÖ) sagte nach dem Treffen, dass man von der Regierung noch keinen konkreten Maßnahmenkatalog vorgelegt bekommen habe. Den zu diesem Zeitpunkt bereits zirkulierenden Verordnungs-Entwurf habe er noch nicht gesehen, sagte Katzian. Er deponierte aber, wie auch Anderl, die Forderung der Arbeitnehmervertreter nach einem Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit für Eltern.

Außerdem pochte Katzian neuerlich auf einen "Corona-Tausender" für Arbeitnehmer. "Das sind die Leute, die jetzt Arbeiten sollen." Das müsse auch honoriert werden. Außerdem brauche es eine Absicherung für Arbeitnehmer im Home Office. Anderl hofft zudem, dass sich die Regierung am deutschen Maßnahmenpaket orientiert und Schulen sowie Kindergärten daher offen bleiben.

Mahrer forderte rasche und unbürokratische Entschädigung für vom Lockdown betroffene Branchen, damit die Unternehmen nicht wieder monatelang auf das Geld warten müssten. Die Schließung der Gastronomie halte er nicht für erforderlich, diese Entscheidung könne er der Regierung aber nicht abnehmen, sagte der Wirtschaftskammerpräsident. Nötig sei aber auf jeden Fall eine Vorlaufzeit, damit sich die Betriebe auf die Maßnahmen einstellen können.