Der in Lokalen vorgeschriebene Mindestabstand von einem Meter zwischen Tischen ist rechtswidrig. Allerdings hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) in seinem am Donnerstag veröffentlichten Erkenntnis dem Gesundheitsministerium eine Reparaturfrist bis Jahresende gegeben. Damit bleibt die Abstandsregel vorerst in Kraft. Ebenfalls verfassungswidrig waren mehrere schon außer Kraft getretene Anti-Corona-Maßnahmen. Die Notwendigkeit der Maßnahmen war nicht ausreichend begründet.

Der Verfassungsgerichtshof hat bereits im Juli entschieden, dass Grundrechtseingriffe zur Pandemiebekämpfung nur dann zulässig sind, wenn die Regierung eine Interessensabwägung mit anderen Grundrechten vornimmt. Somit muss die Regierung also dokumentieren, inwieweit die Eingriffe zur Bekämpfung der Pandemie geeignet, erforderlich und angemessen sind.

Im Fall der Abstandsregel in Lokalen ist dies allerdings nicht erfolgt. In den diesbezüglichen Unterlagen des Sozialministeriums fanden die Höchstrichter nämlich zwar mehrere Verordnungs-Entwürfe, eine Anwesenheitsliste sowie mehrere E-Mails "von diversen Stellen außerhalb des Ressorts", aber "keine die Erlassung der Verordnung begründenden Aspekte". Die von mehreren Gastronomen angefochtene Abstandsregel wurde daher aufgehoben.

Allerdings hat das Gesundheitsministerium bis Jahresende Zeit für eine Reparatur. Diese kann also mit den nun bevorstehenden weiteren Verschärfungen vorgenommen werden.

Auch Betretungsverbot betroffen

Außerdem hält der Verfassungsgerichtshof fest, dass auch weitere - bereits außer Kraft getretene - Anti-Corona-Maßnahmen rechtswidrig waren. Konkret betrifft dies das generelle Betretungsverbot für Gaststätten und (nicht an eine Tankstelle angeschlossene) Waschstraßen, die Beschränkung von Besuchergruppen in Lokalen auf vier Personen, das Verbot von Veranstaltungen mit über zehn Personen (u.a. in Diskotheken) sowie die Maskenpflicht in geschlossenen Räumen. All diese Regeln sind jedoch nicht mehr in Kraft. Die nachträgliche Aufhebung hat also keine Konsequenzen.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) beteuert indes, dass die Anti-Corona-Maßnahmen seit dem Sommer gemäß den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs dokumentiert werden. Bei Verordnungen lege man Erwägungen, Studien und Datengrundlagen vollständig dem Akt bei, sagte Anschober in einer Aussendung am Dienstag.

"Dokumentation jetzt gesichert"

"Seit dem ersten VfGH-Urteil im Juli erfolgte die Dokumentation entsprechend der Vorgaben des VfGH", versicherte Anschober. Der nun wegen mangelnder Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen aufgehobene Mindestabstand zwischen den Tischen in Lokalen sei allerdings noch im Mai - also vor dem Juli-Erkenntnis - erlassen worden, betonte das Sozialministerium auf Nachfrage.

Seit 15. Mai durften Gastronomiebetriebe wieder für ihre Kunden öffnen. Die Regel war damals: Die Gäste müssen sitzen und zwischen den Gästen, die nicht an einem Tisch gemeinsam sitzen, muss ein Mindestabstand von einem Meter gewährleistet sein.

Seit 23. Oktober gilt der Mindestabstand von einem Meter zwischen Personen auch im Öffentlichen Raum. In der Gastronomie kann dieser Abstand von 1 Meter innerhalb der Besuchergruppe allerdings unterschritten werden. Seit Sonntag, 25. Oktober, gilt eine Höchstgrenze für Besuchergruppen von 6 Erwachsenen indoor und 12 Erwachsenen outdoor zuzüglich 6 minderjähriger Kinder.