Angesichts der steigenden Covid-19-Zahlen klang die Botschaft des österreichischen Gesundheitsministers verheißungsvoll: Um das Tempo bei Testungen zu steigern und zu verhindern, dass die Menschen „zuhause an sich herumdoktern“, soll es schon ab heute die Möglichkeit geben, auch in Hausarztpraxen Antigen-Tests durchführen zu lassen. Die dazu notwendige Verordnung werde nachgereicht.

Der Vorteil des Antigen-Tests liegt auf der Hand: Innerhalb von rund 15 bis 20 Minuten kennt der Getestete das Ergebnis (beim PCR-Test sind es mehrere Stunden, oft Tage). Patienten mit Symptomen könnten künftig nach telefonischer Terminvereinbarung den Abstrich beim Hausarzt abnehmen lassen, wurde erklärt. Die Testkosten übernimmt die Sozialversicherung. Auch Pamela Rendi Wagner (SPÖ) forderte Antigen-Tests, etwa für Besucher von Pflegeheimen. Sie verlangt strenge Qualitätskriterien.

Kritik von Experten

Das wird notwendig sein, weil man Einsatzgebiete und Ergebnisqualität der Antigen-Tests hinterfragen muss. Zwar erklären Mediziner, dass Antigen-Tests ein wichtiges ergänzendes Instrument werden könnten – aber erste Versuchsreihen stellen ihnen ein ambivalentes Zeugnis aus.

Nach einer Testreihe am Institut für Krankenhaushygiene und Mikrobiologie am LKH Graz heißt es: „Aus fachlicher Sicht kann anhand der vorliegenden Daten derzeit wider die österreichische Teststrategie weder die Anwendung von Covid-19-Antigen-Schnelltests für die Testung von symptomatisch noch von asymptomatisch Infizierten empfohlen werden.“

Schwächen bei geringer Viruslast

Wie kam das Institut zu einem so brisanten Fazit? Bei der Testreihe wurden nicht Patienten direkt getestet, sondern Covid-19-Proben mit bekannter Virenlast verwendet. Bei hoher Virenkonzentration wurden mit drei unterschiedlichen Antigentests rund 83 Prozent der Infektionen aufgespürt. Der Rest blieb aber unentdeckt. Schwächen zeigten die Antigen-Tests bei weiteren Covid-19-Proben mit einer geringeren Virenlast: Die Ergebnisse beim Versuch, Erkrankte aufzuspüren, verschlechterten sich dramatisch, deshalb das harte Urteil. Die PCR-Tests hatten eine Erkennungsrate von 100 Prozent.

Freilich muss man berücksichtigen: Die Versuchsreihe des Instituts weist eine geringe Fallzahl auf, das haben die Autoren veröffentlicht. Test-Autor Klaus Vander erklärt: „Wir haben versucht zu zeigen, wo die Limits der Antigen-Tests sind. Jetzt geht es darum herauszufinden wie die Antigen-Tests bei Patienten mit Symptomen und ohne Symptome funktionieren.“ Denn die Virenkonzentration sinke laut Vander, sobald der Patient Symptome zeige.

Tests bereits zu spät

Diese Symptome seien die Reaktion des Immunsystems. Frisch erkrankte, ohne Symptome, hätten in der Regel eine höhere Virenkonzentration. Erste Versuchsreihen des Instituts bei Patienten ohne Symptome würden zeigen, dass einer der Antigen-Tests die bereits Erkrankten gut erkenne.

Das würde aber bedeuten: Kommen Patienten wie vorgesehen erst mit Symptomen für den Antigen-Test in die Praxis, könnte es schon zu spät sein. „Wir brauchen mehr Daten, um eine klare Aussage treffen zu können, für welche Indikationen wir die Antigen-Tests gut einsetzen können“, so Vander.

Im Hintergrund manifestiert sich bei medizinischen Fachgesellschaften der Unmut über Österreichs Covid-19-Teststrategie – an einer möglichen gemeinsamen Erklärung werde gearbeitet, heißt es in Wien. Es geht um eine präzisere Teststrategie.