Für Überraschung sorgte am Donnerstag Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mit Plänen für die Errichtung einer neuen Technischen Universität (TU) in Linz mit Schwerpunkt Digitalisierung. Details dazu gab es vorerst keine - so ist etwa noch nicht klar, ob die bestehende Technik-Fakultät der Uni Linz bestehen bleibt oder in der neuen Uni aufgeht. Die Rektoren der bestehenden TUs sind skeptisch.

Kurz will seine Pläne am Freitag im Rahmen seiner Erklärung im Kanzleramt verkünden. Die Universitäten zeigten sich davon komplett überrascht - auch Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) verwies lediglich auf den Auftritt von Kurz. "Grundsätzlich finde ich es erfreulich, wenn mehr Geld in das universitäre System insgesamt, aber auch spezifisch gesteckt wird." Das sei ein "guter Tag für die Universitäten".

Die Unis selbst sind sich da nicht so sicher: "Ich musste einmal tief Luft holen. Ich bin da immer hin- und hergerissen", so die Präsidentin der Universitätenkonferenz (uniko), Sabine Seidler. "Einerseits ist es gut, wenn mehr Geld ins System kommt. Andererseits darf das nicht zulasten des bestehenden Systems gehen - und letzteres wird in der Regel nie eingehalten."

Dazu komme der Umstand, dass es etwa im Bereich der Informatik eigentlich keinen Mangel an Studienplätzen gebe, sondern ein Verteilungsproblem. In Wien müssen die Unis aufgrund mangelnder Plätze Studenten abweisen, in den Bundesländern sind ausreichend Plätze frei.

"Kein Bedarf"

Keinen Bedarf an einer weiteren Technischen Universität sah der Präsident der TU Austria, des Zusammenschlusses der drei technischen Unis (TU Wien, TU Graz, Montanuni Leoben, Anm.) in Österreich, und Rektor der TU Graz, Harald Kainz. "Österreich ist mit drei technischen Universitäten schon sehr gut versorgt. In Bayern und Baden-Württemberg gibt es je zwei, in Hessen eine, und das sind Länder in der Größenordnung Österreichs bzw. größer."

"Wir müssen aufpassen, dass wir uns durch zu viele kleine Einheiten nicht selbst schwächen, weil wir eine kritische Größe brauchen, um international mithalten zu können", argumentierte Kainz. "Wenn ich aus einem Kuchen viele Stücke machen möchte, werden die halt alle sehr schmal."

Eher Bündelung

Der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) deutete in einer Aussendung eher die Variante einer Bündelung der Angebote der Uni Linz (JKU) sowie der Fachhochschulen in der neuen Uni an. "Zur Weiterentwicklung des Wirtschafts- und Industriestandortes und im Kampf gegen den Fachkräftemangel braucht es in OÖ eine eigenständige technische Universität. Es wird ein gutes Miteinander und eine enge Abstimmung zwischen der JKU, den Fachhochschulen und der neuen Technischen Uni geben." Man wisse um die Stärken der vorhandenen Player.

Auch der Rektor der Uni Linz, Meinhard Lukas, geht davon aus, dass die JKU bei der Gründung der neuen Einrichtung eine zentrale Rolle spielt." Allerdings müssten Zweigleisigkeiten vermieden und Synergien optimal genutzt werden. "Daher ist auch der konkrete Standort für den Projekterfolg entscheidend."

Frage der Größe

Ähnliche Bedenken wie die Rektoren äußerte der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Georg Knill. Er warnte, "dass wir uns hier durch eine Vielzahl an Technischen Universitäten nicht in Richtung Exzellenz entwickeln. Wir brauchen Größe und vor allem auch finanzielle Mittel." Um letztere sorgt sich auch Forschungsrats-Vorsitzender Hannes Androsch. Im Gegensatz zur Schweiz habe Österreich bereits eine "Unzahl an chronisch unterfinanzierten Universitäten". Komme nun noch eine weitere klamme Uni dazu, "wird die Sache nicht besser werden".