Würden Sie auf einen von fünf Arbeitstagen verzichten, wenn dafür ein neuer Job geschaffen wird? Würden Sie es tun, wenn Ihnen, sagen wir, die Hälfte des entstandenen Gehaltsverlustes ersetzt würde? Oder sogar zwei Drittel?

Für viele mögen das theoretische Fragen sein – die aber die Fantasie von Sozialpolitikern beflügeln: Jene von Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) zum Beispiel. „Das Solidaritätsprämienmodell wird überarbeitet“, versprach er am Rande einer Pressekonferenz Anfang August.

Solidaritätsprämienmodell – ein sperriger Begriff für genau die oben geschilderte Idee: Wenn ein Arbeitnehmer seine Arbeitszeit reduziert und dafür eine neue Stelle entsteht, ersetzt das AMS die Hälfte des Lohns, der durch die Arbeitszeit-Reduktion wegfällt.

AMS-Modell überarbeiten: Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne)
AMS-Modell überarbeiten: Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) © APA/GEORG HOCHMUTH

Bisher kaum angenommen

Das klingt besser, als es in der Praxis funktioniert: Seit es Anfang 2000 eingeführt worden ist, haben gerade einmal 3.700 Menschen auf dieser Basis ihre Arbeitszeit reduziert, so wurden etwa 400 neue Arbeitsplätze geschaffen, heißt es aus dem AMS gegenüber der Kleinen Zeitung. In Anspruch genommen wurde das Modell praktisch nur von zwei oberösterreichischen Großunternehmen – wohl aufgrund seiner Komplexität. Aus Anschobers Büro heißt es nun, man wolle über eine Entbürokratisierung sprechen. Mit dem AMS hat darüber jedenfalls noch niemand gesprochen: „Mehr als über die Medien transportiert wurde, wissen wir auch nicht“, heißt es dort.

SPÖ für Vier-Tage-Woche

Allein sind die Grünen mit der Idee nicht, die corona-bedingte Arbeitslosigkeit durch geförderte Arbeitszeitreduktion abzufangen: Die SPÖ hat in den vergangenen Monaten ein Modell entwickelt, das Arbeitnehmern und -gebern die Vier-Tage-Woche schmackhaft machen soll – nicht nur, um den Arbeitsmarkt zu entlasten , auch aus ökologischen Gesichtspunkten würde das helfen, etwa Pendlerströme zu reduzieren.

Kosten dritteln: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner
Kosten dritteln: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner © APA/HERBERT NEUBAUER

Im Kern des SPÖ-Modells steht keine Kürzung der Normalarbeitszeit – sondern eine Drittelteilung des Verdienstentgangs, wenn jemand von 100 Prozent Arbeitszeit auf 80 Prozent reduziert: Ein Drittel soll der Arbeitgeber weiterzahlen, ein Drittel der Staat – und auf ein Drittel des Bruttolohnentgangs sollte der Arbeitnehmer tatsächlich verzichten.

Netto bliebe den Arbeitnehmern damit rund 95 Prozent ihres Gehalts – bei 80 Prozent Arbeitszeit, rechnet man in der SPÖ vor. Das würde den Staat rund eine Milliarde Euro kosten, wenn sich eine Million Menschen an diesem Modell beteiligt. Umgekehrt würde er sich Aufwendungen ersparen, wenn für die freigewordene Arbeit Menschen angeheuert würden, die sonst arbeitslos sind.

Produktivität steigt

Für Arbeitgeber sei dieses Modell attraktiv, heißt es aus der Partei, weil Studien gezeigt hätten, dass die Produktivität nicht im gleichen Ausmaß sinkt wie die Arbeitszeit – vereinfacht gesagt arbeitet fleißiger, wer nicht so lange arbeitet. Die SPÖ wünscht sich, dass etwa die Sozialpartner je nach Branche überlegen, ob Arbeitnehmer die geförderte Reduktion in Anspruch nehmen können. Parteichefin Pamela Rendi-Wagner sieht eine „Win-Win-Win-Situation“ für Arbeitnehmer, Unternehmer und Staat“.

Zumindest die Wirtschaftskammer zeigt sich von solcherlei Ideen aber wenig begeistert: „Arbeitszeitverkürzung ist ein echter Pfusch-Turbo“, erklärte deren Präsident Harald Mahrer (ÖVP) vor kurzem in einem „heute“–Interview: „Der freie Tag wäre dann ein Pfusch-Tag.