Seit Tagen gab es Gerüchte, dass Juan Carlos I. Spanien den Rücken zukehren werde. Am Montagabend kam dann die offizielle Bestätigung: Das frühere königliche Staatsoberhaupt Spaniens, gegen das wegen mutmaßlicher Schwarzgeldkonten in der Schweiz ermittelt wird, packt die Koffer und verlässt das Land. Spanische Medien berichteten, er sei zunächst mit dem Auto nach Portugal gefahren und von dort in die Dominikanische Republik geflogen. Dort wolle er einige Wochen bei einer Familie bleiben, die ihr Vermögen mit Zuckerrohr-Plantagen gemacht habe. Danach wolle er sich nach einem neuen Ziel umschauen. Offizielle Bestätigung dafür gab es zunächst keine.

Es ist kein freiwilliger Abschied, sondern eine weitere Abstrafung von Juan Carlos durch seinen Sohn, Felipe VI., der bereits Mitte März mit seinem Vater gebrochen hatte. Damals, als sich der Verdacht illegaler Geschäfte gegen Juan Carlos verdichtete, hatte Felipe verkündet, dass er auf alle finanziellen Erbansprüche gegenüber seinem Vater verzichten werde. Auch strich er Juan Carlos die jährliche Zuwendung von nahezu 200.000 Euro. Der Auszug des 82-jährigen Königs im Ruhestand aus dem Palast ist nun eine weitere Sanktion und kommt einem Rauswurf gleich.



In einer Erklärung Juan Carlos’, welche das Königshaus am Montagabend veröffentlichte, wird dieser Familienkrach hinter diplomatischen Floskeln verborgen. In dem Schreiben spricht Juan Carlos von einer „reiflich überlegten Entscheidung“, mit welcher er die Monarchie vor weiteren Schaden bewahren wolle.

Zu dem auf ihm lastenden Verdacht des Steuerbetrugs, der Geldwäsche und der Korruption ging er in dem Brief nicht ein. Juan Carlos spricht in der kurzen Erklärung lediglich von „bestimmten vergangenen Ereignissen in meinem privaten Leben“, die öffentliche Auswirkungen gehabt hätten.

Juan Carlos soll sich bereits in Estoril an der portugiesischen Atlantikküste aufhalten, wo er seine Kindheit verbrachte
Juan Carlos soll sich bereits in Estoril an der portugiesischen Atlantikküste aufhalten, wo er seine Kindheit verbrachte © (c) AP (Andres Kudacki)


Mit seiner Abreise aus Spanien, so schreibt er in dem an den „lieben Felipe“ gerichteten Dokument, wolle er dazu beitragen, „die Ausübung deines Amtes zu erleichtern“. Die Vorwürfe gegen Juan Carlos, die staatsanwaltliche Ermittlungen in Genf und in Madrid ausgelöst hatten, waren in den letzten Monaten zu einer schweren Belastung für Felipe geworden. Die Popularität des Königshauses sank in Umfragen auf einen Tiefpunkt.

39 Jahre lang an der Staatsspitze

„Das Verhalten von Juan Carlos als Privatperson hat die große Mehrheit der Spanier enttäuscht“, kommentierte bereits vor einigen Tagen Spaniens einflussreichste Tageszeitung „El País“. Immer neue Dokumente, die den Medien zugespielt worden waren, untermauern den Verdacht, dass Juan Carlos jahrzehntelange Millionengelder auf Schweizer Geheimkonten versteckte.

Zudem gehen die Ermittler Hinweisen nach, wonach die Bankkonten mit Schmiergeldern gefüllt worden sein sollen. Hohe Summen, die Juan Carlos für die Vermittlung von Geschäften zwischen der spanischen Industrie und mehreren arabischen Ländern kassiert haben könnte.

Juan Carlos war von 1975 bis 2014 Spaniens Staatsoberhaupt. 2014 musste er wegen der Auswirkungen eines anderen Skandals abdanken, der bereits das Ansehen der Monarchie geschwächt hatte.

Auslöser war damals eine luxuriöse Elefantenjagd in Botswana, bei der sich Juan Carlos die Hüfte gebrochen hatte. Dadurch war herausgekommen, dass er nicht von Königin Sofía, sondern von seiner bis dahin unbekannten Geliebten, der deutschen Geschäftsfrau Corinna zu Sayn-Wittgenstein, begleitet wurde. Die Luxussafari fand zudem mitten in der spanischen Finanz- und Wirtschaftskrise statt, die Hunderttausende spanische Familien in die Armut getrieben hatte.

„Es tut mir sehr leid“, sagte er damals vor laufenden Kameras. „Ich habe einen Fehler gemacht. Das wird nicht mehr vorkommen.“ Kurz nach diesem Sündenfall ging seine Beziehung zu Sayn-Wittgenstein in die Brüche.

Ständig neue Enthüllungen

Seitdem ist es mit der Freundschaft zwischen den Beiden aus. Gerade erst sind wieder neue Audio-Bänder aufgetaucht, in denen man hört, wie die Ex-Geliebte gegenüber einem spanischen Polizeioffizier ihr Herz ausschüttet. In den Tonaufnahmen berichtet sie wenig Schmeichelhaftes über Juan Carlos, mit dem die Deutsche eine jahrelange Beziehung hatte. Die Aufnahmen, die 2016 in dem vertraulichen Gespräch mit dem Polizeikommissar in London entstanden, wurden offenbar ohne ihr Wissen von dem Beamten gemacht und nun von der Online-Zeitung „OkDiario“ veröffentlicht.

Auf den Tonbändern, deren Echtheit bisher nicht angezweifelt wurde, plaudert die frühere „amiga“ über die illegalen Praktiken Juan Carlos’. So habe er öfter, wenn er aus arabischen Staaten zurückgekehrt sei, große Mengen von Geld mitgebracht. Die nicht deklarierten Summen habe er bei seiner Rückreise nach Madrid im Diplomatengepäck versteckt. Im Palast habe er sogar eine Geldzählmaschine gehabt. „Ich habe ihn das Geld zählen sehen. Er verhält sich dabei wie ein Kind.“ Juan Carlos sei „süchtig“ nach Reichtümern: „Er ist besessen – von Gold, Diamanten und Uhren.“

Spanische Regierung geht auf Distanz

In den letzten Tagen war auch Spaniens sozialistischer Regierungschef Pedro Sánchez auf Distanz zu Juan Carlos gegangen, der in Spanien möglicherweise bald mit einer Anklage rechnen muss. „Es gibt keinen Raum für Straflosigkeit“, sagte Sánchez hinsichtlich der Ermittlungen gegen den alten König.

Alle staatlichen Institutionen müssten „Transparenz und Beispielhaftigkeit“ an den Tag legen. „Alles was das Königshaus in diesem Sinne unternimmt, werde von der Regierung unterstützt und von der Bevölkerung begrüßt.“ Klare Worte, die als Rückendeckung für Felipes Bemühen interpretiert werden, den Ruf der Monarchie mit einer Abstrafung seines Vaters zu retten.