Den jüngsten Hinweis lieferten britische und Schweizer Forscher in einer Studie über die Niederlande: Demnach haben sich in dem Land vor allem in jenen Gebieten Covid-19-Erkrankungen gehäuft, in denen die Luftqualität besonders schlecht ist. Im Falle der Niederlande sind das weniger die Städte, sondern ländliche Regionen mit einem hohen Anteil an emissionsintensiver Viehzucht. Andere mögliche Aspekte wie Altersstrukturen oder abgehaltene Großveranstaltungen haben die Wissenschaftler in ihrer Rechnung berücksichtigt. Eines der Ergebnisse: Mit jedem Mikrogramm Feinstaub (PM2,5) mehr pro Kubikmeter Luft steigt die Zahl der Covid-Erkrankungen um rund zehn Prozent, jene der Sterbefälle sogar um rund 15 Prozent. Die Studie gib es hier zum Download.

Ähnlich Alarmierendes hatten bereits im April Forscher der Universität Halle festgestellt, nachdem sie Satellitendaten zur Luftverschmutzung mit Daten zu Corona-Todesfällen in Italien, Frankreich, Deutschland und Spanien kombiniert hatten: Hohe Todesraten gab es vor allem dort, wo die Schadstoffbelastung groß war – in diesen Fällen meist um Städte.

Ist also tatsächlich die Luftverschmutzung verantwortlich dafür, dass so viele Menschen an Covid-19 erkranken oder gar daran sterben? Zumindest ein Mitgrund dürften die Schadstoffe sein, sagt Hans-Peter Hutter, Umweltmediziner an der Medizinischen Universität Wien. „Wir sehen das mit hoher Sicherheit: Dauerhafte Luftverschmutzung hat einen Einfluss auf das Auftreten und Covid-Infektionen und deren Verlauf. Es ist ja belegt, dass belastete Atemwege Erregern ein leichtes Spiel lassen.“ Der Mediziner arbeitet derzeit daran, diesen Zusammenhang in einer Studie auch für Wien zu erhärten.

Kein Nachweis im Einzelfall möglich

Grundlage für derartige Erhebungen sind primär statistische Daten wie Infektionszahlen und Luftgütemessungen. Stimmen sie unter Berücksichtigung anderer Faktoren überein, ist ein kausaler Zusammenhang als wahrscheinlich anzunehmen. Ein letztgültiger medizinischer Beweis dieser Kausalität anhand eines einzelnen Corona-Opfers ist wissenschaftlich allerdings nicht möglich. „Man wird bei einem einzelnen Verstorbenen nie einfach rückschließen können, dass er bei besserer Luft nicht verstorben wäre“, sagt Hutter.

Dennoch ist die Evidenz für den Mediziner inzwischen sehr groß, dass die Luftsituation ein wichtiger Faktor bei der Bildung von Coronaclustern ist. „Ich hoffe sehr, dass diese Erkenntnisse ernst genommen werden. Sie zeigen, wie wichtig es ist, die Luftverschmutzung unter Kontrolle zu bringen.“