Die USA drohen im Streit mit China über das geplante neue Sicherheitsgesetz für die Sonderverwaltungszone Hongkong mit Sanktionen. Dies könne auch den Status Hongkongs als internationaler Finanzplatz gefährden. "Es sieht so aus, als ob sie Hongkong mit diesem neuen Sicherheitsgesetz praktisch übernehmen", sagte der Nationale Sicherheitsberater der USA, Robert O'Brien, am Sonntag dem Sender NBC.

Sollte dies geschehen, werde US-Außenminister Mike Pompeo Hongkong vermutlich nicht länger ein hohes Maß an Autonomie bescheinigen. "Wenn es dazu kommt, wird es Sanktionen gegen Hongkong und China geben." In Hongkong selbst gingen unterdessen Tausende Menschen gegen Chinas umstrittene Pläne auf die Straße.

Hongkong als asiatisches Finanzzentrum in Gefahr

"Es ist schwer vorstellbar, wie Hongkong das asiatische Finanzzentrum bleiben kann, wenn China übernimmt", warnt O'Brien. Internationale Firmen hätten dann keinen Anreiz mehr, dort zu bleiben. "Ein Grund, warum sie nach Hongkong gegangen sind, ist die Tatsache, dass dort Rechtsstaatlichkeit herrschte, freies Unternehmertum, Kapitalismus, Demokratie und Wahlen zu einem Parlament vor Ort stattfanden." Verschwinde all dies, sei er sich nicht sicher, wie die internationale Finanzwirtschaft dort bleiben könne. Hongkong genießt nach US-Recht einen Sonderstatus, der dem Stadtstaat dabei geholfen hat, seine Position als internationales Finanzzentrum aufrechtzuerhalten.

Im Hongkonger Einkaufsviertel Causeway Bay hatten sich zuvor Tausende Demonstranten zur größten Protest-Kundgebung seit Beginn der Coronavirus-Epidemie versammelt. Die Polizei setzte Tränengas, Pfefferspray und Wasserwerfer ein, um die Demonstration aufzulösen. Über Lautsprecher wies sie auf das Verbot von größeren Versammlungen wegen der Pandemie hin. Auch vor dem Verbindungsbüro der chinesischen Regierung kam es zu Protesten. Die Demonstranten befürchten, dass die Gesetzespläne das Ende des Prinzips "Ein Land, zwei Systeme" einleiten könnten, nach der die ehemalige britische Kronkolonie seit der Rückgabe an China 1997 mit mehr Freiheiten autonom regiert wird.

"Der Anfang vom Ende"

"Jetzt ist der Anfang vom Ende, und die Zeit in Hongkong wird wirklich knapp", sagte der Vertreter der Demokratie-Bewegung, Joshua Wong. Deswegen müssten auch inmitten der Coronavirus-Epidemie die Kräfte gebündelt werden, um dagegen zu protestieren. In den Straßen war der Ruf "Unabhängigkeit für Hongkong, der einzige Ausweg" zu hören. Chinas regierende Kommunistische Partei lehnt eine Unabhängigkeit Hongkongs strikt ab als eine rote Linie, die nicht zu überschreiten sei. Einige Demonstranten bauten Barrikaden aus Mülltonnen. Die Polizei begründete den Einsatz von Tränengas damit, dass sie mit Wasserflaschen, Regenschirmen und anderen Gegenständen beworfen worden sei. Es habe mehr als 40 Festnahmen gegeben.

Bürgerrechtler befürchten, dass das Gesetz auf eine Ausweitung der Machtbefugnisse der chinesischen Regierung hinausläuft. Die USA haben die chinesischen Pläne scharf kritisiert. Die chinesische Regierung dagegen weist Kritik als Einmischung in ihre Angelegenheiten zurück. Hongkong wird zunehmend zum Spielball im eskalierenden Konflikt zwischen den USA und China.

Am Donnerstag hatte der chinesische Regierungschef Li Keqiang neue Gesetze und "Durchsetzungs-Mechanismen" zur Wahrung der nationalen Sicherheit in Hongkong angekündigt. Nach einem von Reuters eingesehenen Gesetzentwurf beinhaltet das Vorhaben auch die Möglichkeit, chinesische Sicherheitsbehörden in die Sonderverwaltungszone zu verlegen. Bisher kann die Pekinger Führung nicht mit eigenen Polizisten in Hongkong aktiv werden, wo es im vergangenen Jahr zu Massenprotesten der Demokratiebewegung gekommen war. Die Proteste hatten Hongkong in die schwerste Krise seit über 20 Jahren gestürzt.