Was ist die richtige Rettungspolitik für das coronagebeutelte Europa? Darüber scheiden sich in der EU derzeit die Geister.

Nachdem das lange Zeit kriselnde deutsch-französische Duo in der Vorwoche mit dem von Angela Merkel und Emmanuel Macron gemeinsam präsentierten ehrgeizigen Plan eines eine halbe Billion Euro schweren Wiederaufbaufonds eine spektakuläre Auferstehung auf europäischer Bühne gefeiert hatte, präsentierte das sich als die „Sparsamen Vier“ bezeichnende Quartett aus Österreich, den Niederlanden, Dänemark und Schweden am Samstag seinen Gegenvorschlag.

Darin sprechen sich die vier kleineren Nettozahlerländer wenig überraschend dafür aus, die von der Coronakrise stark geschädigte europäische Wirtschaft mit temporären, günstigen Krediten statt mit Zuschüssen wieder anzukurbeln.

Neu und bemerkenswert am Alternativpapier der „Sparsamen Vier“ ist allerdings, dass diese nicht länger in Abrede stellen, dass das Geld für den europäischen Wiederaufbaufonds durch von der EU ausgegebene Anleihen beschafft werden soll.

Dass die EU als Ganze eigene Schulden in nie da gewesener Höhe aufnimmt, war bisher einer der kontroversesten Eckpfeiler des Merkel-Macron Plans. Denn so eine finanzielle Hilfe ist in der EU an sich nicht gestattet. Die rechtliche Grundlage dafür, das Verschuldungsverbot der Europäischen Union außer Kraft zu setzten, könnte jedoch Artikel 122 des EU-Vertrags sein, der „aufgrund von außergewöhnlichen Ereignissen“ einen „finanziellen Beistand der Union“ ermöglicht.

Auch nennen die vier Länder keine konkrete Summe. Doch sie bestehen auf rückzahlbaren Einmalkrediten, deren auf zwei Jahre befristeter Charakter durch eine Verfallsklausel garantiert werden soll. Damit stellt sich das Quartett klar gegen Berlin und Paris, die die Nothilfen als nicht rückerstattbare Zuschüsse an Krisenländer weitergeben wollen.

Doch die vier Nettozahlerländer (und bis zu Merkels 180-Grad-Kehrtwende vor wenigen Tagen auch Deutschland) sind gegen dieses Vorhaben, selbst wenn es, wie Merkel und Macron beteuern, nur einmalig sein sollte.

Die „Sparsamen Vier“ fürchten einen Präzedenzfall. „Was wir ablehnen, ist eine Schuldenunion durch die Hintertür“, bekräftigte der als Gastredner aus Wien zugeschaltete Kanzler Sebastian Kurz am Freitag beim virtuellen Parteitag der CSU.

Deshalb beharrt das Quartett auf Krediten. Genau dagegen verwahren sich die Krisenstaaten, allen voran Italien. Kredite würden seinen Schuldenberg weiterwachsen lassen. „Das Papier der ,sparsamen‘ Länder ist defensiv und unangemessen“, twitterte Europaminister Enzo Amendola. Die schwere Rezession erfordere „ambitionierte und innovative Vorschläge“. Das Ringen um die richtige Rettungspolitik geht weiter.