Mehr als 17 Monate hat es gedauert, bis Israel nun wieder eine funktionierende Koalition hat. Am Sonntag wurde die 35. Regierung in Jerusalem angelobt. Doch auch wenn sie Einheitsregierung genannt wird, ist sie aus der Not geboren.

Während den ehemaligen Stabschef Benny Gantz die Not leitete, dem Land in der Coronakrise eine Regierung geben zu wollen, ging es für Premier Benjamin Netanjahu um den Machterhalt. Die Opposition reagierte mit Buhrufen. Sie ist mit dieser Koalition alles andere als zufrieden, bezeichnet sie als „aufgeblasen“ und „verschwenderisch“.

Netanjahu vom rechtsgerichteten Likud und Gantz als Vorsitzender der Zentrumspartei Blau-Weiß wollen im Amt des Ministerpräsidenten rotieren. Zwar steht es auf dem Papier, doch dass es tatsächlich geschieht, glauben die wenigsten. 18 Monate sind in Jerusalem eine lange Zeit, in der viel geschehen kann.

Annexion im Westjordanland als Knackpunkt

In den ersten sechs Monaten will man sich hauptsächlich um die Auswirkungen der Corona-Pandemie kümmern. Doch gleichzeitig geht es um Gravierendes wie Annexion von jüdischen Siedlungen im palästinensischen Westjordanland. Dass er dies in der Knesset zur Abstimmung bringen kann, hat sich Netanjahu im Koalitionsvertrag gesichert. Die politische Haltung dazu klafft bei den Partnern weit auseinander. Während die linke Arbeitspartei sich stets gegen eine unilaterale Annexion stellte, sind Teile der religiösen Parteien und des Likud sofort dazu bereit.

Das Regieren wird durch die Fülle an Posten schwierig. 36 Minister gehören zum Kabinett, darunter mehrere mit fragwürdiger Bedeutung. Das Demokratieinstitut Israel meint: „Diese Vielzahl an Ministern wird den Entscheidungsprozess behindern.“ Zudem soll in einigen Tagen die Korruptionsverhandlung gegen Netanjahu beginnen. Auch das dürfte wenig Stabilität in den Politikalltag bringen.

„Die Zeit der Regierung für nur die Hälfte des Volkes ist vorbei“, versprach Gantz. Und Netanjahu sagte, auch er glaube, man werde erfolgreich zusammenarbeiten. Viele haben ihre Zweifel. Gantz, ein Politikneuling, hat vor dem Regieren gezeigt, dass er dem Druck der Politik in Israel kaum standhalten kann. Nun hat er einen Partner wie Netanjahu.