Aufatmen bei den deutschen Regierungsparteien trotz Rekordergebnissen für die AfD: Die CDU hat die Landtagswahl in Sachsen gewonnen, die SPD hat sich in Brandenburg behauptet. Die AfD wurde aber am Sonntag in beiden Ländern zweitstärkste Kraft, während die langjährigen Regierungsparteien auf historische Tiefstände stürzten. Sie müssen sich nun nach neuen Koalitionspartnern umschauen.

In Brandenburg entfielen bei den Wahlen am Sonntag auf die SPD 26,2 Prozent, die AfD kommt auf 23,5 Prozent. In Sachsen kommt die CDU auf 32,1 und die AfD auf 27,5 Prozent. Für die Rechtspopulisten sind das fast 30 Jahre nach der Deutschen Einheit historische Ergebnisse.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und sein Amtskollege Dietmar Woidke (SPD) in Brandenburg werden trotzdem wohl im Amt bleiben können. Allerdings haben Kretschmers Koalition mit der SPD und Woidkes Regierung mit der Linkspartei keine Mehrheit mehr. Beide Politiker brauchen somit eine Allianz von drei Parteien, da sie eine Zusammenarbeit mit der AfD kategorisch ausgeschlossen haben.

Nachdem Umfragen lange Zeit in beiden Ländern ein Kopf-an-Kopf-Rennen der Regierungsparteien mit der AfD vorausgesagt hatten, reagierten die Spitzenkandidaten in erster Linie erleichtert. "Das freundliche Sachsen hat gewonnen", sagte Kretschmer. Woidke meinte: "Ich bin erst einmal froh, dass das Gesicht Brandenburgs auch in Zukunft ein freundliches bleiben wird."

Zum Königsmacher könnten die Grünen werden, die in beiden Ländern ihre bisher besten Ergebnisse einfuhren. In Sachsen könnte es nun auf eine sogenannte Kenia-Koalition von CDU, SPD und Grünen hinauslaufen. Im zuletzt rot-rot regierten Brandenburg reicht es nach dem vorläufigen Ergebnis des Wahlleiters knapp für ein rot-grün-rotes Bündnis.

Grünen-Bundeschef Robert Habeck sagte "schwierigste Verhandlungen" voraus. Das Ergebnis sei aber ein "klarer Auftrag, eine andere, eine weltoffene Regierung zu bilden in beiden Bundesländern, aber vor allem in Sachsen".

Im sächsischen Landtag kommt die CDU laut dem vorläufigen amtlichen Ergebnis auf 45 Sitze, die bisher mitregierende SPD nur noch auf zehn Mandate und die Grünen bekommen zwölf Mandate. Die Linke erhält 14 Sitze.

Die AfD kommt auf 38 Sitze - das ist nach Angaben der Landeswahlleitung ein Sitz weniger als ihr rechnerisch nach dem Wahlergebnis zustehen würde. Das sächsische Landesverfassungsgericht hatte der AfD nach einem Streit über die Nominierung ihrer Bewerber im Vorfeld der Wahl insgesamt 30 Listenplätze zugebilligt, was sich nun auf die Verteilung von Listen- und Direktstimmen auswirkt.

In Brandenburg verfügt die SPD laut Wahlleitung über 25 Sitze im neuen Landtag, dicht gefolgt von der AfD mit 23 Sitzen. Die CDU hat 15 Mandate, Linke und Grüne kommen auf jeweils zehn, die Freien Wähler auf fünf Sitze. Die Mehrheit im Potsdamer Landtag liegt bei 45 Sitzen - exakt diese Zahl hätte ein rot-rot-grünes Bündnis.

Erleichterung auch im Bund: In Berlin dürfte sich die wackelige Große Koalition vorerst stabilisieren, wenn die Regierungschefs an der Macht bleiben. Allerdings dürften die Debatten über die Ausrichtung von Union und SPD lauter werden. In der Union sorgt vor allem die Strategie im Umgang mit der AfD immer wieder für Diskussion.

In allen ostdeutschen Ländern hat sich die AfD nun auf den zweiten Platz geschoben - außer in Thüringen, wo am 27. Oktober ein neuer Landtag gewählt wird. Dort ist sie in den Umfragen aktuell drittstärkste Kraft hinter den regierenden Linken und der CDU.

Großer Verlierer der Landtagswahlen ist die Linke, die in beiden Ländern ihre schlechtesten Ergebnisse seit 1990 einfuhr. Der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, forderte eine Strategiedebatte. "Offensichtlich werden wir nicht mehr als die erste Adresse der Ostinteressen-Vertretung angesehen", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

In beiden Bundesländern stieg die Beteiligung im Vergleich zur Landtagswahl 2014 deutlich an: in Sachsen von 49,1 auf 66,6 Prozent, in Brandenburg von 47,9 auf 60,5 Prozent.