Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat seine Landsleute erneut aufgefordert, angesichts des Kursverfalls der Lira Euro und Dollar in die Landeswährung zu tauschen. Auf einer Veranstaltung am Samstag meinte er zudem, es sei eine Schande, dass den USA der wegen Terrorverdachts in der Türkei festgehaltene Pastor Andrew Brunson wichtiger sei als der strategische NATO-Partner Türkei.

Wegen des Streits über Brunson, dessen Freilassung die USA fordern, hat US-Präsident Donald Trump die Strafzölle auf türkische Stahl- und Aluminiumeinfuhren verdoppelt und damit den Druck auf die Türkei erhöht. Erdogan seinerseits warnte die USA vor einem Ende der Partnerschaft, sollten sie den Trend des Alleingangs und der Respektlosigkeit gegenüber der Türkei nicht umkehren.

Erdogan hatte am Freitag von einem Wirtschaftskrieg gegen sein Land gesprochen und die Bevölkerung aufgefordert, Euro, Dollar und Gold in die Landeswährung zu tauschen. Die Ermittler werfen Brunson Verbindungen zu dem in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen vor, der nach Darstellung der Regierung in Ankara hinter dem Putschversuch vor zwei Jahren steht. Wegen des Streits haben die NATO-Partner bereits Minister des jeweils anderen Staates mit Sanktionen belegt.

Staatspleite unwahrscheinlich

Eine Staatspleite der Türkei ist indes unwahrscheinlich, meint der Leiter der volkswirtschaftlichen Abteilung der Raiffeisen Bank International (RBI), Gunter Deuber. Der türkische Staat selbst habe geringe Schulden, sagte Deuber am Samstag im Ö1-"Mittagsjournal". Allerdings hätten der Privatsektor und staatsnahe Konglomerate sehr hohe Schulden im Ausland.

Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan sollte daher möglichst rasch Zinserhöhungen ermöglichen, "vielleicht sogar in einer Notsitzung über das Wochenende", meint Deuber. Gleichzeitig müsste er einen Wirtschaftsabschwung zulassen, um die inflationierte Wirtschaft abzukühlen, und er müsste mit den IWF oder mit politisch nahestehenden Notenbanken kooperieren.

Österreich wenig betroffen

"Österreich ist in dieser Krise sehr wenig betroffen", so Deuber. "Die Türkei ist gerade knapp unter den 20 wichtigsten Ländern im Außenhandel, aber mit einem Handelsvolumen, das maximal ein Prozent des Außenhandelsvolumens betrifft." Österreich exportiere mehr nach Slowenien als in die Türkei. "Auch die österreichischen Banken sind nur mit ca. einer Milliarde Euro in der Türkei direkt engagiert."