Das Atom-Abkommen mit dem Iran soll ungeachtet des Ausstiegs der USA gerettet werden - "absolut", wie Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) am Sonntag in der ORF-"Pressestunde" bekräftigte. Die schon vor ihrem Zustandekommen misstrauisch beäugte neue italienische Regierung will sie "an ihren Taten messen, nicht an ihren Worten".

Kneissl verwies darauf, dass sich nach dem Alleingang von US-Präsident Donald Trump alle anderen Vertragspartner des Atomdeals wie auch alle EU-Staaten klar für die Beibehaltung des Abkommens ausgesprochen haben. Und sie ergänzte völkerrechtliche Bedenken: Ein Ausstieg aus dem Deal "hat gewaltige Auswirkungen auf unsere Glaubwürdigkeit, dann ist ein Vertrauensverlust in Verträge grundsätzlich gegeben".

Kneissl verwies auch darauf, dass "die allerwichtigste Vertragspartei, die Islamische Republik Iran" ihren Willen bekräftigt habe, sich weiterhin an das Abkommen zu halten. Teheran erwarte aber auch wirtschaftliche Zugeständnisse, weil diesbezüglich "in den letzten zwei Jahren wenig geschehen" sei.

Den Auslöser dieser und anderer Krisen, Donald Trump, sieht Kneissl als "Kind seiner Zeit", der "Vieles rein privatwirtschaftlich denkt". Allerdings könne man Weltpolitik "nicht wie der Chef eines Familienkonzerns führen".

Man habe gehofft, dass sich Trump "durch einen guten Beraterstab an die Verhältnisse anpassen" würde, den es zu Beginn auch gegeben habe. Mittlerweile werde der US-Präsident, "vielleicht nicht nur aus sich heraus", sondern aufgrund der von ihm durch immer mehr Hardliner veränderten Beraterriege - Kneissl erwähnte besonders den nationalen Sicherheitsberater John Bolton, einen berüchtigten "Falken" - allerdings "erratischer".

Italien eine Chance geben

Angesichts der mit großen Anlaufschwierigkeiten kämpfenden neuen italienischen Regierung aus der fremdenfeindlichen Lega und der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung teilt die Außenministerin zwar die Sorgen anderer EU-Staaten, will sie aber unter Zitierung ihrer Regierungskollegin Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) "an ihren Taten messen, nicht an ihren Worten". Die Mitglieder der neuen Regierung in Rom, über die dort derzeit noch gestritten wird, würden letztlich "alles erwachsene Menschen" sein, mit denen man "auf einer erwachsenen Ebene" arbeiten werde, um "ein Miteinander in den internationalen Beziehungen zu erreichen".

Dass Österreich mit der von Rom abgelehnten Initiative für einen möglichen österreichischen Pass für Südtiroler dieses Miteinander belastet, sieht Kneissl differenziert, könnten sich doch im Südtiroler Landtag "viele damit anfreunden" und mit der Zentralregierung in Rom könne man "auch das besprechen". Als grundsätzlichen gedanklichen Überbau zitierte Kneissl allerdings den Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher: "Das Europa der Regionen hat nicht die Antworten geliefert, die wir uns gewünscht haben."

In die diplomatischen Niederungen des "Mikro-Managements" verwies die Außenministerin die in anderen EU-Staaten mit Verwunderung und Kritik aufgenommene Entscheidung, den österreichischen Botschafter an einer Feier anlässlich der Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem teilnehmen zu lassen. Es habe sich dabei um einen "Cocktail" im israelischen Außenministerium gehandelt, nicht um die tatsächliche Botschaftseröffnung, meinte Kneissl.

Entsprechende vorangegangene Beratungen in Brüssel hätten zu keinem Konsens geführt, außerdem hätten auch Vertreter Rumäniens, Tschechiens und Ungarns an dem Empfang teilgenommen, sie könne daran "nichts Ungutes" erkennen. Kategorisch verneinte die Ministerin die Lesart, sie habe unter Druck von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gehandelt, der die - nach wie vor vom einem Kontaktverbot für israelische Regierungsmitglieder mit FPÖ-Politikern belasteten - Beziehungen zu Israel verbessern will.

Grenzkontrollen

Kniessl stellte erneut klar, dass es  keine unkontrollierten Grenzübertritte von Flüchtlingen geben werde. Niemand habe ein Interesse daran, dass sich die Situation von 2015/16 wiederhole.

Kneissl berichtete, dass sich derzeit etwa 30.000 bis 40.000 Flüchtlinge am Balkan sammelten. Die Fluchtroute verschiebe sich in Richtung Albanien und Bosnien-Herzegowina. Das Problem sei nur in Kooperation mit den betroffenen Ländern zu lösen. Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) stehe deshalb mit seinen Kollegen in Kontakt, es gehe vor allem um eine exekutive Zusammenarbeit. Bei ihren eigenen Kontakten als Außenministerin mit ihren Kollegen gehe es vor allem um die Rückübernahme von nicht anerkannten Flüchtlingen, erläuterte Kneissl.

In ihrer Funktion als Integrationsministerin wies Kneissl Vorwürfe zurück, dass die Regierung nicht genügend für die Integration von Flüchtlinge tue. Sie versicherte auch, dass das Budget für die Wert- und Orientierungskurse sowie für die Sprachkurse auf A1-Niveau gesichert sei.

Für Kopftuchverbot in Schulen

Das geplante Kopftuchverbot für Mädchen im Kindergarten und in der Volksschule verteidigte Kneissl. Dabei gehe es vor allem um den Schutz der Mädchen. Die Hauptlast der Kontrolle dürfe aber nicht bei den Lehrerinnen oder den Kindergärtnerinnen liegen.

Den Diplomaten im Ausland versicherte die Ministerin, dass ihnen nicht die Familienbeihilfe gestrichen werde. Dafür, dass dies im Gesetzesentwurf für die geplante Indexierung der Familienbeihilfe für im Ausland leben Kinder enthalten ist, machte sie die Regierungskoordinatoren verantwortlich. Sie sei zu dieser Zeit im Krankenhaus gelegen, habe dann aber sofort die beiden Koordinatoren aufgefordert, den Gesetzesentwurf zu reparieren. "Und das wird auch der Fall sein", versprach Kneissl.

Kritisch äußerte sich die parteifreie, von der FPÖ nominierte Ministerin über die rechtsextreme Zeitschrift "Aula". Dass Österreichs Songcontest-Teilnehmer Cesar Sampson dort als "Quotenmohr" bezeichnet wurde, bezeichnete sie als "fatal und schlimm". Sie unterstützte Infrastrukturminister Norbert Hofer, der allen FPÖ-Politikern mir dem Ende der Karriere drohte, wenn sie weiter in der "Aula" schreiben.

"Mehr als bedenklich" und "schade" findet Kneissl antisemitische Äußerungen in Burschenschaften. FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache nahm sie dabei ausdrücklich in Schutz.

In keinem einzigen Gespräch mit ihr habe Strache auch nur einen Hauch von Antisemitismus erkennen lassen, betonte Kneissl, die auch daran erinnerte, dass der Parteichef auch auf dem Akademikerball eine klaren Trennstrich zu solchem Gedankengut gezogen habe.

Mit dem Binnen-I hat Kneissl so wie die FPÖ auch keine Freude. Sie findet, dass dies die Lesbarkeit erschwere. Gleichzeitig betonte die Außenministerin aber, dass es in ihrem Ressort eine geschlechterneutrale Sprache gebe.