Die Kritik an dem Aufruf des libyschen Staatschefs Muammar Gaddafi an alle Muslime zum Heiligen Krieg gegen die Schweiz reißt nicht ab. Frankreichs Außenministerium bezeichnete die Äußerungen als inakzeptabel. UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay nannte diese absurd. Muslimische Führer in Europa erklärten, Gaddafi verfüge nicht über die notwendige geistige Autorität zur Ausrufung eines Jihads.
Die Schweizer Regierung gab indes keine Stellungnahme ab. Die Schweizerische Volkspartei (SVP) bezeichnete Gaddafis Appell als "durchschaubare Provokation." "Der Minarett-Volksentscheid vom vergangenen November dient hier einzig als Vorwand, um gegen die Schweiz Stimmung zu machen", sagte SVP-Generalsekretär Baltisser. Die Drohung mit einem Heiligen Krieg gegen die Schweiz sei daher kaum ernst zu nehmen.
Gaddafi hatte als Begründung für seine Aufforderung das Schweizer Minarettverbot angeführt. Die Eidgenossen hatten im November mit überwältigender Mehrheit für ein Verbot der muslimischen Kirchtürme in ihrem Land gestimmt.
"Diejenigen, die Gottes Moscheen zerstören, verdienen es, mit einem Jihad angegriffen zu werden. Würde die Schweiz an unserer Grenze liegen, würden wir gegen sie kämpfen", wurde Gaddafi von der amtlichen Nachrichtenagentur JANA aus einer Rede vor Anhängern am Donnerstagabend zitiert. Außerdem forderte er die Muslime in aller Welt dazu auf, Schweizer Produkte zu boykottieren und ihre See- und Flughäfen für die Schiffe und Flugzeuge der Eidgenossen zu sperren.
Zwischen der Schweiz und Libyen gibt es seit langer Zeit diplomatischen Streit. Ursprung der Auseinandersetzung ist die vorübergehende Festnahme von Gaddafis Sohn Hannibal in einem Genfer Hotel 2008. Tripolis ließ daraufhin zwei Schweizer Geschäftsleute festnehmen, berief libysche Diplomaten aus Bern zurück, stoppte seine Öllieferungen in die Schweiz und zog alle Guthaben von dortigen Bankkonten ab.