Der als "Wendekanzler" in die jüngere Geschichte eingegangene Wolfgang Schüssel hat sich anlässlich des nahenden 10. Jahrestags der Angelobung der schwarz-blauen Regierung skeptisch gezeigt, ob die FPÖ heute regierungsfähig wäre. "Mit der heutigen FPÖ habe ich sehr große Zweifel, weil man nicht nur mit diesem Ton und in dieser Tonlage Politik machen kann", sagte er im Ö1-"Mittagsjournal".
Auch andere Proponenten der Wende haben in zahlreichen Wochenend-Ausgaben des 4. Februars 2000 und seiner Folgen gedacht. Susanne Riess-Passer, damals FPÖ-Vizekanzlerin, hat heute weder mit BZÖ noch FPÖ etwas am Hut: Die FPÖ wie damals "gibt es heute nicht mehr, in keiner ihrer Ausformungen", sagt sie in einem Interview, das sie gemeinsam mit Schüssel den Bundesländerzeitungen gab. "Ich würde mich heute als Wechselwählerin bezeichnen." Schüssel findet es jedenfalls derzeit gut, dass SPÖ und ÖVP regieren.
Die EU-Sanktionen als handfestes Trauma beschäftigt die handelnden Personen auch heute noch. Ex-Bundeskanzler und SPÖ-Chef Gusenbauer muss sich wieder einmal an seinen Aufenthalt in Paris und den dortigen Champagnergenuss erinnern, dass die SPÖ die EU-Sanktionen betrieben habe, will er im "Standard" aber weiterhin nicht bestätigen. Der frühere ÖVP-Klubobmann Khol will ebenda wissen, dass die Sozialdemokraten die EU-Mitglieder "um Hilfe gebeten" hätten. Schüssel meint in der "Wiener Zeitung": "Ob damals Impulse auch aus Österreich gekommen sind, wird die Zeit zeigen."
Der "Presse" gewährte Khol überdies einen Blick in seine Tagebücher vom Jahreswechsel 1999/2000: "Tranige Stimmung" habe etwa im Jänner im ÖVP-Vorstand geherrscht, als der für eine Koalition mit der SPÖ stimmte. Doch daraus wurde dann ohnehin nichts, die FPÖ stand als Stimmungsaufheller parat, und "so konnte dann der Marsch durch die Wüste Gobi beginnen", kann Khol nicht von seinem Lieblingsbild lassen.