N och im März schien es, als ob die Akte Eurofighter endgültig geschlossen sei. Die Staatsanwaltschaft Wien bestätigte, dass die Verfahren gegen den früheren Luftwaffengeneral Ernst Wolf, dessen Frau sich von einem Eurofighter-Vertreter 87.000 Euro borgte, eingestellt wurden. Ebenso jenes gegen Gernot Rumpold. Die Firma des FPÖ-nahen Lobbyisten soll von der Eurofighter-Firma EADS 6,6 Millionen Euro kassiert haben. Damit will Rumpold etwa eine Pressekonferenz ausgerichtet haben - um 96.000 Euro. Für den Staatsanwalt war die Suppe zu dünn.
Doch kurz darauf überschlugen sich die Ereignisse. Anfang Juni ließ ein anderer Staatsanwalt, Michael Radasztics, fünf Hausdurchsuchungen durchführen. Wie nun durchsickerte, wurden zudem Telefone von drei Rüstungsvertretern, Klaus-Dieter Bergner, Alfred Plattner und Walter Schön, abgehört.
Was war geschehen? Entscheidend war ein Tipp italienischer Staatsanwälte. Ihnen war ein Anlagenbetrüger und Spezialist für Scheinfirmen ins Netz gegangen, der sich unerwartet gesprächig zeigte. So erzählte Gianfranco Landes, dass er 2005 im Auftrag von EADS eine Briefkastenfirma namens "Vector Aerospace" gegründet hatte, mit dem Ziel, 84 Millionen Euro zu "transferieren".
Die Spur führte, über andere Scheinfirmen, nach Österreich - zu Bergner, Plattner und Schön. Belegt ist, dass Schön 14,5 Millionen bekam, 120.000 Euro flossen an die "European Business Development" (EBD). Das Unternehmen sollte die beim Eurofighter-Verkauf vereinbarten Gegengeschäfte für das Wirtschaftsministerium abwickeln.
"Kriminelle Vereinigung"
Warum zahlte EADS über Briefkastenfirmen? Hier setzt die Justiz an. Man gehe davon aus, dass "EADS versuchte, über die gegenständliche Konstruktion Schmiergeldzahlungen zu leisten", heißt es in einem Schreiben. Die Staatsanwaltschaft geht sogar von einer "kriminellen Vereinigung" aus, die "über Scheinverträge Geld für korrupte Zwecke verfügbar" mache.
Inzwischen hat sich Schön zu Wort gemeldet. Er habe mit der Anschaffung des Eurofighters nichts zu tun gehabt, und schon gar nichts mit Bestechung. Der Vorwurf sei "haltlos, ehrenbeleidigend und kreditschädigend". Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.
Sollten Schmiergelder geflossen sein, wer waren die Empfänger? Selbst der grüne Abgeordnete Peter Pilz, einst Vorsitzender des Eurofighter-Untersuchungsausschusses, nennt keine Namen. Nur so viel: "Ich gehe davon aus, dass Spitzenbeamte und Mitglieder der damaligen Regierung bestochen wurden." Pilz, ein erklärter Eurofighter-Gegner, glaubt, dass der Kauf storniert werden könnte: Laut Vertrag wird der Deal bei nachgewiesener Korruption hinfällig.
Die Typenentscheidung für den Eurofighter fiel 2002 unter Schwarz-Blau. Ursprünglich wollte man 24 Jets, nach einem Hochwasser wurde die Zahl auf 18 reduziert. Der jetzige Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) strich weitere drei Jets - bei einem höheren Stückpreis. Die Gesamtkosten betragen 1,6 Milliarden Euro.
Nicht nur österreichischen Behörden kam der Eurofighter-Deal spanisch vor. Die britische Anti-Betrugsbehörde SFO schöpfte schon 2010 Verdacht als sie den burgenländischen Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly wegen mutmaßlicher Bestechung in London festnahm. Mensdorff war für die British Aerospace (BAS) tätig, ein Partner von EADS. Nach einer Woche wurde er freigelassen, als BAS - um eine Verurteilung zu verhindern - eine Strafe in dreistelliger Millionenhöhe zahlte. Die SFO kam zu dem Schluss, dass der Eurofighter-Deal nur nach "aggressiver Zahlung von Erfolgsprämien an Entscheidungsträger" zustande kam.