Nach zwei Tagen relativer Ruhe sind in der libyschen Hauptstadt Tripolis neue Kämpfe um den internationalen Flughafen ausgebrochen. Auf dem Gelände seien Granaten und Raketen eingeschlagen, meldete das libysche Nachrichtenportal Al-Wasat am Donnerstag. Ein Geschoss habe ein Haus in der Nähe des Flughafens getroffen und eine Familie getötet.
Wegen der Kämpfe mussten Feuerwehrleute ihre Löscharbeiten an einem Benzinlager einstellen. Dort hatten Raketen vor drei Tagen einen Großbrand entfacht. Die rivalisierenden Milizen stoppten danach ihre Angriffe vorübergehend, damit die Feuerwehrleute die Flammen bekämpfen und eine Explosion der Benzintanks verhindern können.
Bei den Kämpfen zwischen rivalisierenden Milizen in den beiden Städten Tripolis und Bengasi kamen in den vergangenen Wochen fast 180 Menschen ums Leben. Nach Angaben des libyschen Gesundheitsministeriums wurden Hunderte verletzt, wie das Nachrichtenportal Al-Wasat berichtete.
In Tripolis starben demnach 102 Menschen, 452 wurden verletzt. Dort waren die Kämpfe vor fast drei Wochen ausgebrochen, als islamistische Milizen aus der Stadt Misrata den Flughafen überfielen. Dieser steht seit dem Sturz von Langzeitherrscher Muammar al-Gaddafi vor drei Jahren unter Kontrolle von Bewaffneten aus der Stadt Al-Sintan.
77 Tote in Bengasi
Im ostlibyschen Bengasi wurden laut Gesundheitsministerium 77 Menschen getötet und 289 verletzt. Dort gehen der pensionierte General Chalifa Haftar und Eliteeinheiten der Armee eigenmächtig gegen radikale Islamisten vor. Bei den Milizen handelt es sich um ehemalige Revolutionsbrigaden, die sich weigern, ihre Waffen abzugeben, und für eigene Ziele kämpfen.
Nach Einschätzung von Experten geht es bei den Kämpfen um den Flughafen auch um die Kontrolle von Schmugglerrouten, durch die sich die Milizen finanzieren. Alle Appelle der Regierung, die Kämpfe einzustellen, sind bisher verhallt.
Nach den USA, Deutschland und anderen Ländern zieht auch die Europäische Union wegen der gefährlichen Lage in Libyen ihre internationalen Mitarbeiter vorübergehend aus der Hauptstadt Tripolis ab. Das teilte ein Sprecher der EU-Kommission in Brüssel mit. Grund sei die Verschlechterung der Sicherheitslage in Tripolis. Dies gelte für die EU-Delegation sowie die EU-Grenzschutzmission "EUBAM Libya" (EU Border Assistance Mission).
Auch Griechenland und Spanien begannen damit, Diplomaten und Staatsbürger außer Landes zu bringen. Die griechische Regierung entsandte eine Fregatte und ein Transportschiff der Kriegsmarine nach Tripolis. Tschechien flog seine Diplomaten ebenfalls aus Libyen aus: Ein Flugzeug der tschechischen Armee habe neben zehn eigenen Botschaftsmitarbeitern auch elf Angehörige der Schweizer Vertretung aus Tripolis in Sicherheit gebracht, teilte der Generalstab in Prag nach Angaben der Agentur CTK mit. Wegen der heftigen Kämpfe haben in den vergangenen Tagen auch Tausende Libyer das Land Richtung Tunesien verlassen.