Bei heftigen Gefechten zwischen der Armee und pro-russischen Rebellen im Osten der Ukraine sind mindestens 20 Menschen gestorben. In Horliwka seien bei Kämpfen am Montagabend 14 Menschen, darunter fünf Kinder getötet worden, teilten die Behörden am Dienstag mit. In Luhansk (Lugansk) starben fünf Menschen beim Beschuss eines Altersheims. Kämpfe gab es auch in der Separatistenhochburg Donezk.

Weite Teile von Luhansk seien ohne Gasversorgung und Strom, teilte die Stadtverwaltung mit. Kämpfe gab es auch im Zentrum der ostukrainischen Metropole Donezk. In der Hochburg der pro-russischen Separatisten kam mindestens ein Mensch durch Artilleriebeschuss ums Leben. Der Tote lag nach dem Beschuss inmitten von Trümmern hinter einem stark beschädigten zehnstöckigen Wohngebäude.

Weiter hart umkämpft war auch die Stadt Schachtjorsk im Gebiet Donezk. Die ukrainische Armee habe dort mindestens vier Luftangriffe auf feindliche Stellungen geflogen, sagte der Kiewer Militärexperte Dmitri Tymtschuk. Schachtjorsk liege unter Minenwerferbeschuss. Die ukrainische Armee konnte die Rebellen nach eigenen Angaben in ihre Hochburgen Donezk und Luhansk zurückdrängen. Zudem versuchen sie die Kämpfer an anderen Stellen zu umzingeln. Nach Angaben der Rebellen wurden in den Gefechten seit Anfang Mai 7400 ukrainische Soldaten getötet oder verwundet. Die Regierung in Kiew spricht hingegen von weniger als 1500.

Experten kommen nicht zur Absturzstelle

Regierungstruppen versuchen seit Tagen Separatisten aus der Region um die Absturz-Stelle von Flug MH17 zu vertreiben. Bisher konnten westliche Experten das Areal wegen der Kämpfe nicht aufsuchen, um Hinweise auf die Absturz-Ursache zu suchen. Die westlichen Staaten sind überzeugt, dass das Flugzeug der Malaysia Airlines von den Separatisten abgeschossen worden ist.

Rebellenkommandant Igor Strelkow sagte zu Journalisten in Donezk, der Feind bringe alles in die Schlacht, was er zur Verfügung habe, um die "Volksrepublik Donezk" einzukreisen. Ein Informant der Rebellen berichtete, neue militärische Ausrüstung und Kämpfer für sie seien von Russland aus über die Grenze in die Ukraine gekommen. Allerdings war es nicht möglich, dafür eine unabhängige Bestätigung zu erhalten. Rebellenführer erklären bisher öffentlich, dass sie nicht von Moskau unterstützt werden. Auch Russland bestreitet entsprechende Vorwürfe westlicher Staaten.

Der Russland-Experte Gerhard Mangott äußerte unterdessen die Befürchtung, dass die geplanten EU-Wirtschaftssanktionen gegen Russland einen "direkten russisch-ukrainischen Krieg" auslösen könnten. Wenn Russland "nichts mehr zu verlieren hat, kann es die bewaffnete Auseinandersetzung auch eskalieren", schreibt Mangott in einem Gastkommentar für die "Wiener Zeitung" (Dienstagsausgabe). Für Dienstag wurde der formelle Beschluss von Wirtschaftssanktionen gegen Russland erwartet. Sie sollen den Finanzbereich, Rüstungsgüter sowie Hochtechnologie betreffen. Aus EU-Kreisen verlautete, dass die Sanktionen die russische Wirtschaft heuer und kommendes Jahr 100 Milliarden Euro kosten könnten.

Rumänische Minderheit besorgt

Die rumänische Regierung zeigte sich unterdessen besorgt wegen der Einberufung ethnischer Rumänen im Nachbarland Ukraine für den Kampf gegen prorussische Separatisten. Die rumänische Minderheit in der Ukraine hat bereits protestiert, weil sie den Eindruck hatte, dass unverhältnismäßig viele ihrer Mitglieder zur Armee einberufen werden. Das Außenministerium in Bukarest rief am Dienstag die Ukraine auf, bei der Rekrutierung keine ethnische Diskriminierung zuzulassen.

Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte verlangte am Dienstag eine sofortige Waffenruhe bei der Absturzstelle von Flug MH17. Er forderte den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko mit Nachdruck auf, die Gefechte zu stoppen, um die humanitäre Arbeit zu ermöglichen, teilte ein Regierungssprecher am Dienstag in Den Haag mit. Weil die Experten den Absturzort nicht erreichen können, gehe kostbare Zeit verloren, beklagte Rutte. Poroschenko soll zugesichert haben, alles für den sicheren Zugang der Experten zu tun.

Nach einem Aufruf der niederländischen Polizei sind dort 150 Fotos und Videos von Augenzeugen des Absturzortes der malaysischen Passagiermaschine in der Ostukraine eingegangen. Über Portale in vier verschiedenen Sprachen - Niederländisch, Englisch, Deutsch und Ukrainisch - seien die Aufnahmen bei der Polizei eingegangen, sagte eine Sprecherin am Dienstag.