Zwar steigen Lebenserwartung und Pflegebedarf in Österreich massiv, die Gespräche zwischen Bund und Ländern über ein langfristiges Modell zur Pflegefinanzierung lagen zuletzt jedoch auf Eis. Das wollen der steirische Gesundheitslandesrat Christopher Drexler und die niederösterreichische Soziallandesrätin Barbara Schwarz (beide ÖVP) nun ändern: "Die demografische Entwicklung ist dramatisch. Wir müssen endlich mit dem Sozialministerium über die Zukunft sprechen", sagte Drexler. Aus dem Sozialministerium hieß es bereits, dass die Verhandlungen im Herbst beginnen werden.
Drexler rechnete vor, dass die Länder, die jährlich 1,5 Milliarden Euro für Pflege ausgeben, ihren Pflichten in der Altenbetreuung spätestens 2018 nicht mehr nachkommen könnten. Es sei denn, der Bund erhöht seinen finanziellen Beitrag. Ab 2017 werde es bereits "eng" - da würde das Geld aus dem sogenannten Pflegefonds schon nicht mehr reichen. Der Pflegefonds wurde 2011 als Übergangslösung eingeführt, damit die Länder auf den steigenden Pflegebedarf reagieren könnten. Seit 2011 wurde er sukzessive erhöht - von 2016 bis zum Ende der Legislaturperiode 2018 stagniert die Summe bei 350 Millionen Euro. Den Ländern zugesichert sind die Bundesmittel für 2017 und 2018 erst mündlich und ohne gesetzliche Grundlage. Und für die Zeit nach 2018 gibt es noch überhaupt kein Modell. "Trotz Pflegefonds fehlen den Ländern im Jahr 2018 bereits 600 Millionen Euro für die Altenbetreuung", sagte Drexler. Für die Steiermark bedeute dies ein Pflege-Minus von gut 80 Millionen Euro. "Momentan ist unser System ineffizient", urteilte er.
Bald jeder Vierte über 65
Hauptgrund für den explodierenden Bedarf an Pflege ist der Anstieg der Lebenserwartung. Momentan liegt diese bei 81,1 Jahren, sie wird sich in den nächsten 30 Jahren sowohl bei Männern als auch bei Frauen der 90er-Marke annähern. "2030 wird jeder Vierte über 65 sein, darauf müssen wir reagieren", sagte Schwarz. Sie und Drechsler sind sich einig, dass Österreich ein Bedarfsmodell brauche, das mit der Lebenserwartung mitwächst. Wie dieses aussehen kann, wird ab Herbst Gegenstand der Verhandlungen mit Sozialminister Rudolf Hundstorfer sein.
Abgesehen davon, dass der Minister die ambulante Pflege in den eigenen vier Wänden, die in der Steiermark etwa 80 Prozent der Gesamtpflege ausmacht, ausbauen will, hat er noch keine Vorschläge. Drexler hingegen ist hier schon konkreter: So kämen für ihn etwa eine Pflegeversicherung nach dem Modell der Sozialversicherung, steuerfinanzierte Modelle oder überhaupt private Pflegeversicherungen infrage. Keinesfalls aber eine Rückkehr des Pflegeregresses. Der Landesrat wolle "alle Möglichkeiten diskutieren". Und will "spätestens 2017" Ergebnisse präsentieren.
KLAUS KNITTELFELDER