Die 13 Tierschützer, die sich 14 Monate lang vor dem Landesgericht Wiener Neustadt verantworten mussten, haben keine kriminelle Organisation gebildet. Der im Mai 2011 erfolgte Freispruch vom Vorwurf des Mafia-Paragrafen 278a StGB ist seit Freitag rechtskräftig. Gegen Freisprüche bei Einzeldelikten werde allerdings berufen, teilte Staatsanwaltschafts-Sprecher Erich Habitzl mit. Das Justizministerium kündigte in der Folge eine baldige Reform des umstrittenen Paragrafen an.

Mit der Akzeptanz des Freispruchs vom Mafia-Paragrafen ist das Verfahren für acht der 13 Beschuldigten nun beendet. Am Tag nach der Urteilsbegründung hatte die Anklagebehörde noch Berufung wegen "Nichtigkeit und Schuld" angekündigt - dies erschien den Staatsanwälten nach Prüfung des schriftlichen Urteils aber nun doch "nicht aussichtsreich", wie es hieß. Gegen Einzeldelikte - konkret schwere Nötigung, schwere Sachbeschädigung, Widerstand gegen die Staatsgewalt und Tierquälerei - wird aber Einspruch eingelegt. Darüber habe das Oberlandesgericht (OLG) Wien zu entscheiden, erläuterte Habitzl. Dieses könne die beeinspruchten Punkte des Ersturteils bestätigen oder aufheben und dann entweder selbst eine Entscheidung treffen oder das Verfahren an die erste Instanz zurückverweisen.

Berufung eingelangt

Das Berufungsschreiben sei heute beim Landesgericht eingebracht worden und müsse von diesem erst an die weiteren Beteiligten verschickt werden, so der Behördensprecher. Nähere Details zu den Einzeldelikten, gegen die die Staatsanwaltschaft weiter vorgehen will, könne er daher noch nicht nennen.

Nach der Urteilsverkündung im vergangenen Jahr hatte das Justizministerium eine Evaluierung des vieldiskutierten Mafia-Paragrafen begonnen. Diese habe eine gesetzliche Reform nahegelegt, was nun auch erfolgen werde, so ein Sprecher von Justizministerin Beatrix Karl (V). Der Ministerialentwurf dazu werde noch im Sommer in Begutachtung gehen, inhaltliche Details würden "demnächst" bekanntgegeben.

Die Grünen, die die Rechtskraft des Freispruchs "erleichtert" zur Kenntnis nahmen, wünschen sich, dass danach die Bereicherungsabsicht im Zentrum des Gesetzes steht. Diese sei nämlich "ein typisches Merkmal krimineller Organisationen" und verhindere, dass zivilgesellschaftliche Aktivitäten ins Visier genommen werden können. Die SPÖ begrüßte die Entscheidung der Staatsanwaltschaft ebenfalls. Sorgen bereitete Konsumentensprecher Johann Maier allerdings der materielle Schaden, den die Aktivisten durch das Verfahren erlitten hätten. Pro Betroffenem hätten sich rund 400.000 Euro angehäuft, forderte er eine entsprechende Entschädigung. Auch die Neuregelung des Kostenersatzes bei Freisprüchen sei dringend notwendig.

Als "ersten positiven Schritt" bezeichnete der nun Ex-Erstangeklagte Martin Balluch, Obmann des Vereins gegen Tierfabriken (VgT), die teilweise Rechtskraft des Freispruchs - allerdings "mit Wermutstropfen". Die Berufung bei einigen der Einzeldelikte sei offenbar "ein Versuch, das Gesicht zu wahren", wie er zur APA sagte. Dies gehe allerdings zulasten der noch Betroffenen. Zudem kritisierten er und ein weiterer Beschuldigter, dass sie bisher nur durch die Medien von der Entscheidung der Staatsanwaltschaft erfahren hätten.