Die Regierungsspitze hat am heutigen Mittwoch an die Opfer des Terroranschlages in Wien vor zwei Jahren erinnert. Beim Gedenkstein am Desider-Friedmann-Platz in der Wiener Innenstadt gedachten unter anderem Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) der vier getöteten Menschen mit einer Kranzniederlegung. In einer gemeinsamen Erklärung hieß es: "Heute wie damals sind wir mit unseren Gedanken bei jenen, die wir am Tag des Anschlags verloren haben."

Kanzler und Vizekanzler verurteilten das Attentat als Versuch, die Gesellschaft zu spalten. Dieser sei jedoch gescheitert, man stehe "geschlossen gegen Terror und Gewalt und für das Miteinander und den Frieden." Bei der Kranzniederlegung waren auch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), Justizministerin Alma Zadic (Grüne), Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und der Präsident der Israelitischen Religionsgesellschaft, Oskar Deutsch, anwesend. Unter großer Polizeipräsenz und starkem Medieninteresse legten sie Blumen und Kerzen nieder.

2,2 Millionen Euro im Opferfonds

Am 2. November 2020 hatte ein IS-Sympathisant vier Menschen in der Wiener Innenstadt getötet und 20 verletzt, bevor er von der Polizei erschossen wurde. Es war der letzte Abend vor einem neuerlichen Corona-Lockdown. Nahe des Bermudadreiecks, einem Ausgehviertel in Wien, eröffnet der Attentäter gegen 20.00 Uhr das Feuer. Er tötet einen 21-jährigen Österreicher auf dem Fleischmarkt, eine 24-jährige Deutsche am Ruprechtsplatz. In der Seitenstettengasse schießt er auf eine 44-jährige Österreicherin und an der Ecke Rabensteig/Schwedenplatz auf einen 39-jährigen Österreicher. Eine eingesetzte Untersuchungskommission kritisierte eklatante Versäumnisse des Verfassungsschutzes im Umgang mit dem späteren Attentäter.

Die Bundesregierung hatte von Beginn an ihre Verantwortung gegenüber den Opfern und Hinterbliebenen betont und daher für jene Betroffene, die auch nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG) anspruchsberechtigt sind, finanzielle Mittel für zusätzliche Hilfeleistungen in Höhe von zunächst 2,2 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, hieß es gegenüber der APA. Damit kann den Betroffenen ein angemessenes, den zivilrechtlichen Grundsätzen entsprechendes Schmerzensgeld ausbezahlt werden. Überdies werden die Bestattungs- und Überführungskosten übernommen.

Fachkundige Opferhilfe

Die Bemessung und Auszahlung der Hilfeleistungen erfolgt durch die fachkundige Opferhilfe-Organisation Weißer Ring, der dafür ein Gremium aus Expertinnen und Experten unter dem Vorsitz des pensionierten OGH-Vizepräsidenten Ronald Rohrer zur Seite steht. Diese Kommission hat Empfehlungen für die Zuerkennung von Hilfeleistungen unter Einbindung medizinischer Expertisen erarbeitet, auf deren Grundlage der Weiße Ring die finanziellen Leistungen vergibt.

Mit weiteren, über die bisher geleisteten 1,95 Millionen Euro hinausreichenden Auszahlungen ist laut Sozialministerium in Kürze zu rechnen. Bis Mitte Oktober hatten 75 Personen um Hilfeleistungen aus dem Fonds angesucht, davon haben 51 bereits Zahlungen erhalten. Die verbleibenden 24 Ansuchen sollen bis Jahresende erledigt sein. "Es ist denkbar, dass sich noch vereinzelt weitere Personen melden", hielt das Ministerium fest.

Neben dem Opferfonds sind bisher auch knapp 300.000 Euro gemäß Verbrechensopfergesetz (VOG) ausbezahlt worden. 116 Anspruchsberechtigte erhielten diverse Hilfeleistungen, in 93 Fällen wurde eine Pauschalentschädigung für Schmerzensgeld zuerkannt. Psychotherapeutische Betreuung, die für etliche Überlebende des Attentats unerlässlich war, konnte über das VOG beim Sozialministeriumsservice beantragt werden.

Traumatische Erlebnisse

Der Attentäter hatte bei seinem neunminütigen Anschlag in der Innenstadt 17 Menschen angeschossen, wovon 13 mit dem Leben davonkamen. Zehn weitere verletzten sich auf der Flucht oder durch Glassplitter. Etliche Personen, die damals in der Innenstadt unterwegs waren oder in Lokalen bzw. Gastgärten saßen – es war ein lauer und der letzte Abend vor einem weiteren coronabedingten Lockdown – litten danach unter den psychischen Folgen jener Nacht und taten sich schwer, die traumatischen Ereignisse zu verarbeiten. Sie benötigten Hilfe.

"Die Arbeit mit Terroropfern stellte für alle Beteiligten über weite Strecken Pionierarbeit dar. Vieles musste neu gedacht und erarbeitet werden. Das reichte von der Opferdefinition im Zusammenhang mit einem Terroranschlag bis zu den Kriterien, die den finanziellen Hilfeleistungen zugrunde gelegt werden", hatte Weißer-Ring-Geschäftsführerin Natascha Smertnig erst vor einigen Wochen gegenüber der APA festgestellt.