Der Ablauf ist immer derselbe: Fehlerauslesegerät anschließen, Motorelektronik überprüfen und bevor das Auto auf die Hebebühne kommt, wirft er einen Blick auf die Verschleißteile. Seit 42 Jahren schraubt Hans Eidenhammer aus Burgkirchen im Bezirk Braunau in Oberösterreich an Autos herum, repariert und verschenkt sie.

Anfangen hat damals alles mit einem VW Käfer. Dasselbe Modell, das heute noch in seiner Garage parkt: „Das Auto wies starke Mängel auf und musste zum ,Schlächter‘ (so nennt Eidenhammer den Schrottplatz). Ein anderes konnte sich die Familie nicht leisten. Der Vater war bei uns in der Werkstatt. Er hatte drei kleine Kinder und eine krebskranke Frau, die regelmäßig zur Therapie musste“, erinnert sich der 72-jährige gelernte Mechaniker an jenen Tag zurück.

Weil ihn die Verzweiflung der Familie nicht kalt ließ, besorgte er ihnen einen neuen Wagen. 1200 Schilling investierte er für den guten Zweck und brachte sein Herzensprojekt auf Schiene. Erst mit der Pension verwirklichte er dann seinen Traum: Pro Jahr soll ein Auto an Bedürftige gehen. Das ist nun elf Jahre und 91 Autos her. Allein in den letzten beiden Jahren verschenkte Eidenhammer 45 Pkw an Alleinerzieherinnen, Menschen mit Beeinträchtigung oder Familien mit schwerkranken Kindern: „Jeder Mensch kann hin- oder wegschauen. Wenn du helfen kannst, damit aus Verzweiflung Hoffnung wird, ist schon viel getan.“

Vor zwei Wochen übergab Eidenhammer sein 90. Auto. Für Nicole Maislinger, alleinerziehende Mutter von drei Kindern, ist der neue Wagen eine enorme Entlastung im Alltag. Zumal sie seit der Erkrankung ihres achtjährigen Sohnes Sebastian regelmäßig ins Krankenhaus fahren muss.

Im neuen Kombi hat der Rollstuhl von Sebastian (8) endlich Platz
Im neuen Kombi hat der Rollstuhl von Sebastian (8) endlich Platz
© KLZ/Fesl

Der Bub leidet an Morbus Perthes, einer Krankheit, bei der der Hüftkopf nicht ausreichend durchblutet wird. Im Februar kam die schockierende Diagnose, seitdem sitzt Sebastian im Rollstuhl. „Am Anfang dachten wir, er hat sich beim Fußballspielen verletzt“, erzählt die 34-Jährige. Vier Jahre spielte der Achtjährige im Verein. Jetzt weiß keiner, ob er jemals wieder laufen wird. Im August steht eine Operation an, die der Familie Hoffnung gibt. „Die Krankheit steht aber nicht still. Kein Arzt konnte uns eine Prognose machen, wie es weitergehen wird.“

Da ihr alter Pkw weder barrierefrei war, noch genug Platz für Sebastians Rollstuhl hatte, wandte sich die Familie an den Autobauer. „Dass ich genau dieses Auto bekommen habe, das so perfekt passt, ist wirklich großes Glück.“ Von Vorarlberg bis Wien melden sich regelmäßig Menschen, die auf Eidenhammers Projekt aufmerksam wurden, und schenken ihre Gebrauchtwagen her. Der Großteil sind Liegenbleiber, die aus irgendeinem Grund nicht mehr anspringen.

Dann kommt der 72-Jährige ins Spiel: „Beim Schrauben lade ich meine Batterien wieder auf.“ Wenn er sich auf die Fehlersuche begibt und die komplette Karosserie überprüft, fühlt er sich so fit wie noch nie, sagt Eidenhammer. „Natürlich ist mein Kilometerstand schon dementsprechend hoch, aber nur im Kaffeehaus sitzen, will ich nicht.“ Deswegen stehen in seinem Fuhrpark bereits die nächsten sieben Autos und warten auf einen neuen Besitzer. Dass hinter jedem Wagen ein anderes Schicksal steckt, berührt den 72-Jährigen noch nach all den Jahren. Vor allem in letzter Zeit sind die Sorgen und Existenzängste bei vielen gestiegen: „Ich kenne Familien, die nicht wissen, ob sie kochen oder tanken sollen“, sagt Eidenhammer. „Alles geht sich nicht aus.“

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Natürlich kommt die Frage hoch, ob die Familien überhaupt ein Auto benötigen. „Die Betroffenen leben in den meisten Fällen am Land und sind auf ein Auto angewiesen, um zur Arbeit zu kommen oder die Kinder vom Kindergarten abzuholen. Es gibt auch welche, die für Therapien ins Krankenhaus müssen. Erst mit der Zeit habe ich verstanden, dass Mobilität lebenswichtig ist.“

Wie lange er noch weiterschrauben möchte, weiß er nicht. Ein Ziel hat er sich jedenfalls nicht gesetzt. Dass er bald die 100er-Marke knackt, kümmert den eifrigen Pensionisten ebenso wenig: „Ich werde gefragt, ob ich eine Feier mache, ich denke nicht darüber nach. Die Arbeit hält mich fit, ich habe keinen Druck und halte die Balance.“