Die hochinfektiöse Omikron-Variante könnte bereits in der ersten Jännerwoche Österreich voll erfassen und als dann fünfte Coronawelle mit 15.000 Neuinfektionen pro Tag durchs Land schwappen. Diese Aussichten hat das Covid-Prognosekonsortium am Mittwochnachmittag als ein mögliches, aufgrund der Datenlage realistisches Szenario veröffentlicht. Bisher sind in Österreich 419 Fälle der Virusvariante bestätigt.

Die Experten haben ihren Berechnungen die Annahme zugrunde gelegt, dass Omikron sich doppelt bis dreimal so schnell ausbreitet wie die Delta-Variante und eine effektive Reproduktionszahl zwischen 1,5 bis 2,4 aufweist. Was von den Zahlen in Österreich gestützt wird, wo die Virusvariante erstmals Ende November nachgewiesen wurde und sich seither rasant häuft. Das Konsortium geht davon aus, "dass die Omikron-Variante binnen weniger Wochen dominant wird und bei ungebremstem Anstieg noch im Jänner 2022 den bisherigen Höchststand an täglichen Neuinfektionen übertreffen könnten". Ein langsameres Wachstum der Omikron-Variante sei "bislang nicht mit den beobachteten Verläufen der Infektionskurve in Ländern zu vereinbaren, die bereits eine höhere Omikron-Prävalenz aufweisen".

Konkret ist bei einer angenommenen effektiven Reproduktionszahl von zumindest 1,97 und der Voraussetzung, dass zehn bis 20 Prozent aller Infektionen mit SARS-CoV-2 auf die Omikron-Variante zurückgehen, schon in der ersten Jännerwoche hierzulande mit mehr als 15.000 neuen Coronafällen pro Tag zu rechnen.

Inwiefern Omikron zu schweren Verläufen und Spitalsaufenthalten führt, kann dem Konsortium zufolge noch nicht seriös eingeschätzt werden. "Es ist plausibel, dass eine bereits durchgemachte Infektion bzw. eine doppelte Impfung zu einem gewissen Grad auch vor schweren Verläufen schützt", heißt es in dem Policy Brief der Experten. Berücksichtigt man die Tatsachen, dass inzwischen 70 Prozent der Gesamtbevölkerung ein aktives Impfzertifikat haben und etliche eine Infektion hinter sich bzw. eine Covid-19-Erkrankung durchgemacht haben, "ist zumindest für die Omikron-Variante eine reduzierte Hospitalisierungsrate zu erwarten", meint das Gremium.

"Bei einer ähnlichen Altersstruktur der Infizierten wie in Großbritannien könnte das österreichische Gesundheitssystem jetzt daher etwas höhere Infektionszahlen aushalten", erklärt der Komplexitätsforscher Peter Klimek, selbst Mitglied des Prognosekonsortiums, im Gespräch mit der Kleinen Zeitung.

Trendwende in einer Woche

Das Covid-Prognosekonsortium geht in seiner Vorschau davon aus, dass nach einem noch möglichen kurzfristigen Rückgang der Corona-Fallzahlen "bereits erste Tendenzen der sich aufbauenden Omikron-Welle sichtbar werden". Für kommenden Mittwoch erwarten die Experten zwischen 2215 und 3648 tägliche Neuinfektionen.

Die Sieben-Tage-Inzidenz sollte in einer Woche zwischen 174 und 286 Fällen zu liegen kommen. Mit den höchsten Inzidenzen ist vor dem Jahreswechsel in den westlichsten Bundesländern zu rechnen – in Salzburg und Tirol wird sie sich jeweils zwischen 250 und 420 einpendeln, in Vorarlberg zwischen 340 und 565. Am anderen Ende der Skala liegt dann das Burgenland mit einer Inzidenz zwischen 100 und 170. Aufgrund des erwarteten Rückgangs der Testungen über die Weihnachtsfeiertage ist aber von einer größeren Dunkelziffer auszugehen.

Patientenrückgang hält noch an

Was die Lage in den Spitälern betrifft, nehmen die Experten vorerst einen weiteren Rückgang der Covid-19-Patientinnen und -Patienten auf den Intensiv- und Normalstationen an. "Dies erfolgt jedoch nach wie vor auf teilweise systemkritisch hohem Auslastungsniveau", betont das Konsortium. Allerdings sind die Rechenmodelle diesmal mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. "Problematisch ist die nach wie vor unbekannte Virulenz der Omikron-Variante, weshalb Auswirkung auf den Spitalsbelag derzeit kaum abschätzbar sind. Die Prognose baut auf der Annahme auf, dass sich die Virulenz zwischen den Varianten Delta und Omikron nicht unterscheidet und folgt damit der rezenten Einschätzung des Imperial Colleges", wird in der Prognose angemerkt.

Andere europäische Länder wie Großbritannien und Dänemark sind bereits weiter in ihrem Omikron-Infektionsgeschehen. Man könne dies nutzen, um Erfahrungswerte zu sammeln und sich in Österreich auf "die Wand" der Omikron-Neuinfektionen vorzubereiten, sagt der Komplexitätsforscher Klimek. Dazu gehört vor allem möglichst viel Zeit, um die Intensivstationen der Spitäler zu entlasten, "die immer noch die Extrembelastung der vierten Welle abarbeiten". Wie hoch die Neuinfektionen im Jänner steigen, würde auch an den Maßnahmen hängen, die jetzt gesetzt würden, sagt Klimek.

Infektionslage am Mittwoch

Am Tag des Gipfels zwischen Bundesregierung, dem Krisenkoordinationsteam Gecko und den Landeshauptleuten wurden in Österreich 2781 Neuinfektionen gemeldet. Eine Datenkorrektur gab es für das Bundesland Salzburg, dort waren am Vortag 384 Fälle zu viel eingetragen worden.

Die Bundesländerzahlen von Mittwoch:

Burgenland: 74
Kärnten: 121
Niederösterreich: 507
Oberösterreich: 458
Salzburg: 128 (nach Datenkorrektur)
Steiermark: 304
Tirol: 331
Vorarlberg: 171
Wien: 687

1587 mit Covid-19 infizierte Patienten befinden sich in stationärer Behandlung (ein Rückgang von 118), auf der Intensivstation liegen 459 Patienten (minus 18). 29 weitere Todesfälle kamen hinzu, die Gesamtzahl erhöhte sich damit auf 13.567.

Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt am Mittwoch laut Ages (14 Uhr) bei 188,1 Fällen pro 100.000 Einwohner, ein Rückgang um acht Punkte.

Impfquote bei 70 Prozent

Exakt 69,96 Prozent betrug am Mittwoch die Durchimpfungsquote (Personen mit gültigem Impfzertifikat) der österreichischen Wohnbevölkerung. Spitzenreiter ist das Burgenland mit einer Quote von 75,3 Prozent, Schlusslicht Oberösterreich (65,7 Prozent). 3,44 Millionen Menschen haben bereits eine dritte Impfung erhalten.

Polizisten zurück in den Dienst

Oberösterreich will als Vorbereitung auf die bevorstehende Omikron-Welle pensionierte Polizisten als Unterstützung für die Gesundheitsbehörden anwerben. LH Thomas Stelzer und Landespolizeidirektor Andreas Pilsl haben vereinbart, dass ehemalige Exekutivbeamtinnen und -beamte im Außendienst, die noch unter 70 Jahre alt sind, in den kommenden Tagen eine schriftliche Einladung bekommen. Sie werden gebeten, die Gesundheitsbehörden bei den Kontrollen der Corona-Maßnahmen zu unterstützen. Damit hofft man auch, die stark geforderten Polizeikräfte zu entlasten.