Für viel Nachhall sorgt die Aussage von Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer: „Wir in Oberösterreich haben viele Intensivbetten die auch gut betreut werden.“ Schon in der ZiB2 widersprach am Donnerstag Mediziner Johann Knotzer: „Die Lage auf den Intensivstationen ist eine ernste, eine sehr ernste.“

Zahlen, die im Ö1-Morgenjournal präsentiert wurden, widerlegen die Aussage des Landshauptmanns: Laut dem internen Dashboard von Oberösterreichs Gesundheitsholding gäbe es insgesamt 250 echte Intensivbetten mit dafür ausgebildetem Personal. Davon seien am Donnerstag 210 belegt gewesen, 89 davon mit Covid-Patienten. Ein Anteil, der seit Ende Oktober massiv ansteigt. In diesen zwei Wochen hat er sich verdoppelt. Das mache eine aktuelle Auslastung von 84 Prozent, je nach Spital unterschiedlich. Von 26 Intensivabteilungen in Oberösterreich seien acht im grünen Bereich, zehn gelb (Auslastung von mehr als 75), acht sind rot (100 Prozent belegt). In zwei Spitälern wurden bereits zusätzliche Betten aktiviert, wo Ärzte und Betreuer einspringen, die das sonst nicht machen. „Ist eigentlich schon Katastrophenmedizin“, sagt ein Betreuer, der ungenannt bleiben will.

Johnan Knotzer dazu in der ZiB2: "Wenn die Zahlen auch in nächsten Tage steigen, werden wir über die nächsten ein bis drei Wochen einen zunehmenden Anstieg an Intensivpatienten sehen." Es gäbe kaum noch freie ECMO-Geräte für Covid-Patienten, die bei Herz-Lungen-Versagen zum Einsatz kommen. Auch Ampelkommission klang gestern sehr alarmiert.

Primarius Ernst Lamprecht, Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde am Kepler-Klinikum in Linz, meinte am Freitag im Ö1-Morgenjournal, er würde noch nicht von einer „Katastrophenmedizin sprechen, aber es sei durchaus von einer kritischen Situation und einer sehr schwierigen Arbeit in den Spitälern sprechen. Man habe die große Herausforderung, zu priorisieren, „also die dringlichsten Leistungen sofort anzubieten“, und zu entscheiden, welche plan- und verschiebbaren Leistungen nachgereiht werden können.

Spielräume enger geworden

Priorisieren hieße, große Eingriffe zu verschieben, die aber auch wichtig seien. Derzeit seien in Oberösterreich 27 Prozent der Intensivbetten durch Covid-Patienten ausgelastet und das bedeute, dass die Spielräume für alle anderen medizinischen Herausforderungen enger geworden seien. Die Strapazen, die zu erwarten seien, kenne man aus dem November des Vorjahres, dem Höhepunkt der zweiten Welle. „Allzu gerne hätten wir uns das erspart, aber das ist mangels einer ausreichenden Impfquote leider nicht gelungen.“

"Brauchen erhebliche Kontaktreduktion"

Mit den aktuell gültigen Maßnahmen alleine würde es sich nicht ausgehen mit dem Personal, das zur Verfügung stünde. Das sei ja der Grund, weshalb es Verschärfungen brauche. Man müsse bei den Kontakten ansetzen, aus denen potenziell Infizierte entstünden und in weiterer Folge potenzielle Spitalspatienten. „Wir brauchen eine erhebliche Kontaktreduktion, um weitere Spitalspatienten verhindern zu können.“ Das müsse rasch und in einem ausreichenden Maß erfolgen. „Denn die anderen Maßnahmen werden Früchte tragen, aber erst in einigen Wochen, diese Zeit haben wir nicht, die läuft uns in den Spitälern davon.“

Weniger Veranstaltungen

Von einem Lockdown für alle sei er nicht überzeugt, „Maßnahmen allein bei der Gruppe der Ungeimpften werden aber nicht reichen.“ Er könne sich sehr gut vorstellen, mehr Maske in Innenräumen, weniger oder kleinere Veranstaltungen und anderes. Ziel wäre, ein Drittel der Kontakte zu reduzieren. Eine Unterschiedung zwischen Ungeimpften und Geimpften sei aus epidemiologischer Sicht sinnvoll, die „Frage wird sein wie gut es sich in der Praxis kontrollieren lässt.“ Das werde eine der Herausforderungen sein, die rasch zu lösen sei.