Vor wenigen Tagen wurde ein 19 Jahre alter Kärntner wegen grob fahrlässiger Tötung verurteilt. Der junge Mann war am 6. März alkoholisiert und mit überhöhter Geschwindigkeit im Pkw seines Freundes durch Klagenfurt gerast, als er die Kontrolle über das Auto verlor.

Der Pkw flog mehr als 30 Meter durch die Luft und prallte gegen eine Hausmauerkante. Der 19-Jährige wurde schwer verletzt, zwei Freunde waren sofort tot. Der junge Mann muss für mindestens fünf Monate ins Gefängnis, andere Konsequenzen werden weitaus länger bleiben.

„So etwas wünsche ich meinem schlimmsten Feind nicht,“ sagt Mario Brnic vom Projekt „Close To“ (siehe rechts). Der Grazer hat von dieser Geschichte von jungen Kärntnern erfahren, die gerade ihren Grundwehrdienst leisten. Diese hatte er besucht, um ihnen eine ähnliche Geschichte zu erzählen. Seine Eigene. „Als ich 19 war, bin ich mit ein paar Freunden fortgegangen. Meine Mutter hat mir ihr Auto geborgt, damit ich mit meinen Freunden zu einer Diskothek fahren kann“, erinnert sich Mario, dem das Du-Wort lieber ist. „Ich hab ihr damals versprochen, dass ich nichts trinken werde, aber ich habe mich leider nicht daran gehalten“, erzählt der 34-Jährige.

Dass er seine Geschichte heute erzählen kann, liegt daran, dass Mario viel Glück hatte. Denn in dieser Nacht vor vielen Jahren entschloss er sich, mit dem Auto der Mutter nach Hause zu fahren. „Ich hab zuerst nur zwei kleine Bier getrunken, dann sind wir weitergefahren zur nächsten Disco. Dort hab ich leider weiter getrunken.“ Gegen Mitternacht wechselte er zu Cola. Als er gegen vier Uhr heimwollte, fühlte er sich wieder relativ nüchtern und entschied sich gegen ein Taxi.

„Ich hätte nie gedacht, dass ich so betrunken war“, schwört er. 1,1 Promille hatte er im Blut, als er gemeinsam mit einer Freundin und einem Freund in das Auto stieg und losfuhr. „Es war leicht eisig und ich hab sofort gemerkt, dass ich das Auto nicht im Griff habe“, sagt er. Damals wollte er keine Schwäche zeigen und fuhr weiter. Dass er langsam fahren wollte, hatte er schon nach wenigen Hundert Metern wieder vergessen. „Ich weiß noch, dass ich ein Taxi überholt habe.“ Die nächsten Bilder, an die sich Mario erinnern kann, sind grell.

„Ich hab gesehen, dass mein Freund am Beifahrersitz mit dem Kopf auf dem Armaturenbrett lag und aus dem Mund geblutet hat.“ Auch das Mädchen auf dem Rücksitz war bewusstlos und verletzt. Dann endet Marios Erinnerung.

"Das Gefängnis war schlimm"

Als er wieder munter wurde, sah er Ärzte und seine Eltern. Mario lag in einem Bett im Spital und erfuhr, dass er einen ganzen Monat im Koma gelegen hatte. Und dass sich seine Eltern bereits von ihm verabschiedet hatten. Heute hat er selbst drei Kinder. „Ich kann mir gar nicht vorstellen, was ich meinen Eltern angetan habe.“

Nach der Zeit im Krankenhaus musste Mario ins Gefängnis. „Das war schlimm. Diese zwei Monate haben sich wie ein Jahr angefühlt.“ Noch heute hat Mario Schmerzen, ist zu sechzig Prozent behindert.

Damals im Krankenhaus galten seine ersten Gedanken seinen Beifahrern, die auch schwer verletzt wurden, aber glücklicherweise mit dem Leben davonkamen. So viel Glück hatte Günther nicht. Der Vorarlberger übersah im Jahr 2010 Fußgängerinnen am Straßenrand, zwei Frauen verloren ihr Leben. Ein Alko-Test ergab damals 1,6 Promille. „Der Richter hat mir damals einen Flyer in die Hand gedrückt und mir empfohlen, ich soll mich dort melden“, erzählt der heute 57-Jährige.

So lernte er Mario und das Projekt „Close To“ kennen – und blieb dabei. „Unsere Arbeit trägt nicht nur dazu bei, Junge vor dummen Ideen zu bewahren, sie hilft auch uns“, ist er überzeugt. Günther hatte nach dem Unfall Kontakt zu den Opferfamilien gesucht, versucht zu helfen. Eine Familie war dazu bereit, ob sie ihm je vergeben können, weiß er nicht. „Mit den Vorträgen können wir zumindest einen Beitrag leisten.“

Zwischen 50 und 70 dieser Gespräche absolviert alleine Günther jedes Jahr in Vorarlberg und Tirol. Von der Wirkung des Projekts ist er überzeugt: „Die meisten können sich auch noch ein Jahr später an Details aus den Vorträgen erinnern.“ Die regelmäßige Evaluierung ihrer Arbeit ist auch nötig, um die Finanzierung sicher zu stellen.

„Natürlich erreichen wir nicht alle“, ergänzt Günther. Aber es ist noch nicht lange her, da hat ihn ein junger Mann wiedererkannt und erzählt, dass er nach einer Party sein Auto aufgrund des Vortrags stehen gelassen hat. „Wenn wir so ein Feedback bekommen, wissen wir, dass sich unsere Arbeit auszahlt.“ Deshalb steckt ihr Herzblut in ihrer Tätigkeit und deshalb wollen Sie auch unbedingt weitermachen.