Es hätte nicht zu den Unwetterschäden in Hallein kommen müssen: Das ist die Meinung von Elisabeth Köstinger (ÖVP), als Landwirtschaftsministerin auch für den Hochwasserschutz zuständig.

"Hallein wäre zu verhindern gewesen, wenn dieses bewilligte und ausfinanzierte Projekt gebaut worden wäre", betonte Köstinger. Es sei an der "Zeit für Schutzprojekte dieser Art auch andere Rahmenbedingungen an den Tag zulegen, was vor allem auch die Möglichkeit von Parteienstellung und Einsprüchen betrifft"

"Klimaschutz und Hochwasserschutz sind kein Entweder-oder", meinte Köstinger. Es brauche beides. "Die Investition in Schutzmaßnahmen für Menschen und Güter hat hohe Priorität. Die Menschen an Ort und Stelle haben nicht das geringste Verständnis für Einsprüche von NGOs, die jahrelange Verzögerungen bei Schutzprojekten zur Folge haben", so die Ministerin.

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"Tatsache ist, dass das Projekt verzögert worden ist. Hätte man es wie geplant begonnen, wären heute zwei Drittel der Maßnahmen umgesetzt gewesen. Die Innenstadt würde dann jetzt anders ausschauen", schlägt der Bürgermeister von Hallein, Alexander Stangassinger (SPÖ), in dieselbe Kerbe. Von Schuldzuweisungen halte er aber nichts.

Naturschutzbund spricht von "Infamie"

Für den Salzburger Naturschutzbund, der vom Ministerium den "Schwarzen Peter" zugeschoben bekam, ist das "eine Infamie, die die Frau Minister da in die Welt setzt", so der Vorsitzende Winfried Herbst zur Kleinen Zeitung. Das sei "eine Diffamierung des Naturschutzes in jede Richtung".

In einer offiziellen Aussendung des Landwirtschaftsministeriums heißt es wortwörtlich: "Obwohl schon 2014 ein Schutzprojekt geplant und 2016 von Bund und Land genehmigt wurde, verzögerte sich der Baubeginn massiv. Das Genehmigungsverfahren dafür läuft seit 2016 und konnte aufgrund von Einsprüchen des Naturschutzbundes Salzburg bis Ende 2020 nicht umgesetzt werden. Die Einsprüche hatten das Ziel, wirksame Sperrbauwerke zu verhindern, weil man das Landschaftsbild gefährdet sah. Das Verfahren ist bis zum Bundesverwaltungsgericht gegangen und hat eine Umsetzung der Schutzmaßnahmen daher um Jahre verzögert."

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"Wir müssen die Vorwürfe klar und deutlich zurückweisen", betont auch der Salzburger Naturschutzbund-Geschäftsführer Hannes Augustin. Bei den Einsprüchen sei es es nur um einen kleinen Teilbereich, genauer gesagt den Kirchentalgraben, gegangen, der nur rund ein Siebtel des Gebietes betroffen hätte. Und Einsprüche hätte es nicht nur vom Naturschutzbund, sondern auch von Landwirten und seitens des Wasserschutzes gegeben. Gegen den Hochwasserschutz sei der Naturschutzbund nie gewesen, er hatte allerdings für den kleinen Teilbereich ein alternatives Projekt vorgeschlagen. 

Details zum Alternativprojekt

Der Vorschlag der Naturschützer sah folgendermaßen aus: Man wollte eine vorhandene Geländemulde als Flutmulde nutzen und so ein weiteres "Bauwerk aus Beton und Stahl" verhindern, was auch in Sachen Klimaschutz wichtig gewesen wäre. Die Wildwasser- und Lawinenverbauung hätte die Alternative, so Augustin, für gut empfunden. Man hätte nur noch die Wiese eines Bauern pachten oder kaufen müssen. Doch dann sei nichts mehr geschehen, rund eineinhalb bis zwei Jahre lang. "Vom Bürgermeister aufwärts bis zur Ministerin hat sich niemand dafür interessiert", kritisiert der Naturschutzbund-Geschäftsführer. Und auch mit dem anderen Teil des Projekts sei nicht begonnen worden.

Mit Dezember 2020 hat dann das Bundesverwaltungsgericht die bescheidmäßige Rechtsgrundlage für die Freigabe der Projektumsetzung erteilt, so das Landwirtschaftsministerium. Seit Anfang 2021 ist die Wildbach- und Lawinenverbauung intensiv mit der Umsetzung des Projektes befasst und hat Maßnahmen im Ausmaß von 750.000 Euro realisiert - wie ein neuer Geschiebefilter im Kothbach. Gebaut wird jetzt die ursprüngliche Variante - die sei "landschaftsstörender mit mehr Beton", betont Hannes Augustin.

Summe von Faktoren waren Auslöser

Ob das Hochwasser vom Samstag durch einen rascheren Hochwasserschutz verhindert hätte werden können, darauf will sich der Naturschutzbund allerdings nicht festlegen: "Da spielen viele Faktoren zusammen." Die Rückhaltebecken oberhalb des Ortes hätten besser gewartet werden müssen. Autos hätten nicht an gefährliche Stellen abgestellt werden dürfen - sie wurden vom Wasser mitgerissen und führten zur Verklausung des Baches. 

In der ZiB 2 ließ sich Johannes Hübl, Professor für alpine Naturgefahren an der Uni für Bodenkultur in Wien, von Moderator Armin Wolf nicht zum Schiedsrichter machen. Der Bau hätte wohl die Geschehnisse verhindert, ließ er durchblicken, aber in einem Rechtsstaat wären eben Einsprüche möglich. Man hätte dies schon im Vorfeld ausdiskutieren müssen. Insgesamt sei Österreich beim Wasserschutz „sehr gut aufgestellt“, so Hübl.