Im vergangenen Jahr war der Pegelstand im zweitgrößten See Österreichs so niedrig wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1965. Und auch heuer steuern wir wieder einem Negativ-Rekord entgegen. Innerhalb einer Woche ist der Wasserstand des Neusiedler Sees um weitere fünf Zentimeter gesunken und steht nun bei rund 115 Zentimetern. Um die Dimension zu verdeutlichen: Ein Millimeter Pegelstand sind rund 285.000 Kubikmeter Wasser. 

Wird der Neusiedler See vollständig austrocknen? Kurzfristig eher nein. Christian Sailer vom Hauptreferat Wasserwirtschaft im Burgenland geht auch bei einem niederschlagsarmen Sommer davon aus, dass sich die Lage spätestens im Herbst wieder stabilisiert. Das bedeutet freilich nicht, dass man den See voll nutzen kann. "Der Mai war bei uns nicht so ergiebig wie anderswo in Österreich", erklärt Sailer den niedrigen Pegelstand. Tatsächlich lagen die Niederschläge im Raum des Neusiedler Sees im Mai 2021 unter dem langjährigen Mittel. "Dies reichte gerade aus, dass die Verdunstung ausgeglichen wurde."

Aus seiner Sicht ist es daher durchaus möglich, dass heuer erneut ein historischer Tiefstand erreicht wird. Dafür verantwortlich sei nicht nur die vorherrschende Hitze, sondern auch der Wind, der an etlichen Tagen auffrischte. "Auch das beschleunigt die Verdunstung", erklärt Sailer. 

See erhält die ganze Region

Weite Teile des Schilfgürtels sind ausgetrocknet, der See führt deutlich weniger Wasser, was vor allem in Ufernähe auffällt. "Wir sind am Beobachten und schauen, wie der Sommer wird. Aber der Trend zu heißen Sommern ist zu beobachten." Einige Lacken im Seewinkel sind ebenfalls ausgetrocknet. Laut Sailer ist das per se nicht ungewöhnlich, der frühe Zeitpunkt hingegen schon.

Bleibt die gegenwärtige meteorologische Situation im Juli und August bestehen, sieht es nicht gut aus. Weder für Urlauber, noch für die Flora und Fauna in der Region. Auch wäre beispielsweise Weinbau ohne den Neusiedler See so gut wie unmöglich. Selbiges gilt auch für den Tourismus - sowohl auf österreichischer als auch auf ungarischer Seite.

Daher hat das Burgenland zusammen mit Ungarn ein Projekt gestartet, um den Wasserstand im See zu stabilisieren. Der Plan ist, Wasser aus dem Mosony-Arm der Donau zuzuleiten. Ob das Donauwasser negative Auswirkungen auf das Leben im See haben könnte, wird sich erst zeigen. Laut Klimaschutzministerium könnte sich der unterschiedliche Salzgehalt negativ auswirken. Vom Burgenland in Auftrag gegebene Studien haben ergeben, dass die zugeleitete Menge zu gering sei, um ernsthafte Schäden zu verursachen.