Nach der Tötung einer 13-Jährigen in Wien und der Festnahme zweier Tatverdächtiger gaben Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und der Wiener Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl heute im Innenministerium in Wien ein Statement ab.

Landespolizeipräsident Pürstl, Innenminister Nehammer
Landespolizeipräsident Pürstl, Innenminister Nehammer © APA/Hans Punz

"Was am Samstag passiert ist, macht mich fassungslos und zutiefst betroffen. Ich bin selbst Vater von zwei Kindern. Unsere Gedanken sind bei der Familie und den Freunden des Opfers", begann der Minister sein Statement.

Die Erhebungen laufen noch auf Hochtouren. Es gibt mindestens zwei Tatverdächtige - junge Afghanen, die als Asylwerber nach Österreich gekommen sind.

Wer sind die Tatverdächtigen?

Einer, der 18-Jährige, ist laut Nehammer ein Subsidiär Schutzberechtigter, was heißt: "Österreich hat ihm Schutz gewährt." so Nehammer. Aufgrund seiner Straftaten - er wurde mehrmals verurteilt, großteils wegen Drogendelikten - wurde ihm der Status vom Bundesverwaltungsgericht aberkannt, der junge Afghane hat jedoch Einspruch erhoben. Deshalb ist das Verfahren noch anhängig.

Der 18 Jahre alte Afghane war als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Österreich gekommen. 2015 stellte er einen Asylantrag, 2016 erhielt er subsidiären Schutz. In weiterer Folge wurde der Bursch jedoch straffällig. Ab 2018 erfolgten insgesamt elf polizeiliche Anzeigen, unter anderem wegen Suchtgifthandels, gefährlicher Drohung und Raufhandels. 2018 wurde er erstmals verurteilt, er fasste zwei Monate bedingt aus. 2019 kassierte er nach dem Suchtmittelgesetz zehn Wochen bedingt. Im Vorjahr setzte es dann wegen räuberischen Diebstahls zehn Monate unbedingt - der 18-Jährige wurde jedoch bereits im August vorzeitig bedingt entlassen und befand sich seither wieder auf freiem Fuß.

Aufgrund seiner Vorstrafen wurde gegen den Burschen im Juli 2019 ein Asyl-Aberkennungsverfahren eingeleitet, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) erkannte ihm im Oktober desselben Jahres den subsidiären Schutz ab. Es erging eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem sechsjährigen Einreiseverbot. Da der Betroffene noch minderjährig war, war aufgrund der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) seine Abschiebung unzulässig. Das Bundesverwaltungsgericht hätte im Hinblick auf die mehrfache Straffälligkeit des Burschen jedoch die Möglichkeit gehabt, den Abschiebeschutz aufzuheben und im Sinne eines Beschleunigungsgebots eine Abschiebung ab Volljährigkeit des gebürtigen Afghanen zu ermöglichen.

Der zweite Afghane (16) hat erst dieses Jahr einen Asylantrag gestellt.

Klarer Appell des Ministers

Nehammers Botschaft an alle, die hier leben: "Wir sind eine Gesellschaft, die der Vielfältigkeit, der Toleranz verpflichtet ist. All jene, die bleiben wollen, müssen jedoch wissen: Hier bleiben heißt, die Bereitschaft zu bringen, sich zu integrieren. Und sich an die Gesetze zu halten."

Es müsse diese klare Botschaft geben, der nächste Charterflug zum Rücktransport werde gerade vorbereitet. "Nicht nur von Österreich aus, allein in Deutschland gibt es 30.000 Afghanen ohne legalen Aufenthaltsstatus."

Kanzler für "konsequentes Vorgehen"

Er sei "nach wie vor zutiefst schockiert und betroffen von der grausamen Tat, die hier in Wien stattgefunden hat", sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nach der Festnahme von zwei jungen Afghanen, die eine 13-Jährige in Wien-Donaustadt missbraucht und getötet haben sollen. Bei einem Medientermin im Bundeskanzleramt sprach Kurz Dienstagmittag der Familie des Mädchens sein "tiefes Mitgefühl" aus und kündigte eine scharfe Gangart gegen straffällig gewordene Asylwerber an.

Er werde diesbezüglich seine "konsequente Linie fortsetzen", meinte der Kanzler vor Journalisten: "Mit mir wird es definitiv keinen Abschiebestopp nach Afghanistan und keine Aufweichung der Asylgesetze geben." Nach "solchen barbarischen Verbrechen" könne man "nicht zur Tagesordnung übergehen", betonte Kurz: "Ich verspreche, dass wir alles tun werden, dass die Täter hart bestraft werden." Das Verbrechen, das das Mädchen mit dem Leben bezahlt hatte, mache ihn "extrem wütend. Ich halte es für untragbar, dass Menschen zu uns kommen, Schutz suchen und solche grausamen, barbarischen Verbrechen begehen", sagte der Kanzler.

Opfer kannte die Tatverdächtigen

Das Mädchen dürfte den mit Tatverdächtigen bekannt gewesen sein, war vermutlich freiwillig in der Wohnung, die zum Tatort wurde. Es war die Wohnung des 18-Jährigen, die sich unweit des Fundortes der Toten befindet. Am Grünstreifen wurde die Leiche vermutlich kurz nach der Tat abgelegt. Wie genau die Bekanntschaft zwischen Opfer und Tätern war, ist noch Gegenstand von Ermittlungen. Auf die Spur der beiden Tatverdächtigen war man über einen Bekannten der beiden Afghanen gekommen, der sich an die Polizei gewandt hatte.

"Doch dann wurden ihr Drogen verabreicht, um sie gefügig zu machen." Danach hätten "Straftaten gegen die sexuelle Integrität" stattgefunden. Das junge Mädchen, fast noch ein Kind, soll mehrmals vergewaltigt worden sein.

"Die genauen Umstände, die zum Tod geführt haben, sind noch unklar", betont der Wiener Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl. Die Einvernahme läuft heute unter Beiziehung eines Dolmetschers: "Deshalb dauert es länger, deshalb können wir derzeit noch keine Angaben machen." Auch das toxikologische Gutachten steht noch aus. Ermittlungen sollen auch zeigen, ob es noch weitere Mittäter gibt.

Unklar sei laut Pürstl noch, ob der Tod absichtlich herbeigeführt wurde. Nach derzeitigen Informationen soll der 18-Jährige sie aus der Wohnung getragen und in einem unweit seiner Bleibe gelegenen Grünstreifen abgelegt haben. Offen ist, ob das Mädchen zu diesem Zeitpunkt noch am Leben und bewusstlos oder bereits tot war. Dafür dürfte die Einholung mehrerer medizinischer Gutachten erforderlich sein.

"Supportdienst" der Polizei gestartet

Aufgrund des Anstiegs an Todesfällen im privaten Umfeld mit Beziehungsdynamik im Jahr 2021 wird im Bereich der Landespolizeidirektion Wien, zur Verbesserung des Opferschutzes und Einleitung von sicherheitspolizeilichen und kriminalpolizeilichen Maßnahmen, ein sechsmonatiger Probebetrieb eines Supportdienstes gestartet und nach Ablauf evaluiert.

Dieser Journaldienst der Landespolizeidirektion Wien ist 24 Stunden, sieben Tage die Woche, mit besonders geschulten und erfahrenen Präventionsbediensteten auf dem Gebiet der Gewalt in der Privatsphäre besetzt. Bei Gewalt in der Privatsphäre besteht nun die verpflichtende Kontaktaufnahme der intervenierenden Polizisten vor Ort mit den Bediensteten des Supportdienstes.

Im Zuge des Kontaktgespräches erfolgt eine beratende und unterstützende Gefährdungseinschätzung durch den Supportdienst, um so die rechtlich möglichen und für den individuellen Fall geeignetsten Opferschutzmaßnahmen einzuleiten. Den Polizisten steht für die Gefährdungseinschätzung ein wissenschaftlich anerkanntes Risiko-Analyse-Programm zur Verfügung. Durch die Beantwortung von spezifischen Fragen wird ein objektives Gefährdungslevel erstellt und unterstützt die Maßnahmensetzung.

Durch den neu implementierten Support sollen zukünftige Hochrisikofälle durch ein objektives Verfahren identifiziert werden, um mögliche notwendige sicherheitspolizeiliche Fallkonferenzen vorzuschlagen. „Das entschlossene Vorgehen gegen jede Form von Gewalt in der Privatsphäre ist Teil der österreichischen Sicherheitsstrategie. Die professionelle Unterstützung für die einschreitenden Polizisten ist ein wichtiger Schritt für einen wirkungsvollen Schutz von Gewaltopfern“, so Innenminister Karl Nehammer.