Ein 29-Jähriger, der Ende Dezember des Vorjahres in Leonding (Bezirk Linz-Land) eine Studentin getötet haben soll, steht ab heute, Freitag, in Linz vor Gericht. Der Mann wird beschuldigt, die 25-Jährige zuerst vergewaltigt und drei Stunden später erstochen zu haben. Danach wollte er laut Anklage offenbar noch die Halbschwester des Opfers und deren Mann umbringen. Die Staatsanwaltschaft hat wegen der Gefährlichkeit des Mannes auch eine Einweisung in eine Anstalt beantragt.

Laut Gutachten war er zwar zurechnungsfähig, ist aber aufgrund einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung gefährlich. "Wenn er nicht gewinnen kann, muss das zerstört werden, was ihn so kränkt", fasste es die Sachverständige Adelheid Kastner zusammen.

Anscheinend aus unerwiderte Liebe war der spanische Staatsbürger in den frühen Morgenstunden des 27. Dezembers so in Rage geraten, dass er sich zuerst an der jungen Frau aus Honduras, die für ihr Studium zu ihrer Halbschwester nach Leonding gezogen war, verging. Dann versetze er ihr sechs Messerstiche, worauf sie verblutete. Anschließend soll der mutmaßliche Täter das Hausbesitzer-Ehepaar nicht weniger brutal zu töten versucht haben.

Geschworene beraten

Der Staatsanwalt, der dem Mann Mord, Vergewaltigung und zweifachen Mordversuch zur Last legt, betonte in seinem Schlussplädoyer, dass es sich beim Motiv nicht um "verschmähte Liebe" gehandelt habe, sondern dass der Angeklagte einfach seinen Willen durchgesetzt habe und - wie die Sachverständige gesagt hatte - zerstört habe, was er nicht bekommen konnte. Dafür hält er eine lebenslange Freiheitsstrafe für angemessen. Zudem beantragte er die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Der Verteidiger verwies hingegen darauf, dass sein Mandant unbescholten und geständig sei. Er bat von einer lebenslangen Strafe abzusehen und sprach sich gegen eine Einweisung aus.

Sein Mandant entschuldigte sich in seinem Schlusswort. "Ich würde es gerne wieder richten, wenn ich es könnte, aber es ist nicht möglich". "Jeden Tag habe ich diese Schuldgefühle, das ermöglicht es mir nicht zu leben." Ihm drohen zehn bis 20 Jahre oder lebenslange Haft. Am Nachmittag zogen sich die Geschworenen zur Beratung zurück

Tödliche familiäre Bande

Der Angeklagte wurde in Honduras geboren, wuchs in behüteten Verhältnissen auf und ging später nach Spanien - er hat die Staatsbürgerschaft beider Länder. Dort habe er sehr zurückgezogen gelebt und seine Zeit hauptsächlich "vor dem Computer" verbracht, schilderte der Staatsanwalt. Er hatte nur wenige und kurze Beziehungen.

Das spätere Opfer, seine ebenfalls aus Honduras stammende Cousine, studierte in Österreich und lebte bei ihrer Halbschwester und deren Familie in Leonding. Der Angeklagte und die 25-Jährige lernten einander erst 2019 kennen und verstanden sich gut. "Es hat sich eine Freundschaft entwickelt", sagte der Staatsanwalt, der Angeklagte dürfte aber manche Gesten seiner Cousine falsch interpretiert und sich mehr erwartet haben. Am 18. Dezember des Vorjahres reiste er trotz Corona-Situation nach Österreich, um seine Angebetete zu besuchen. Allerdings kam es nicht zu der erhofften Vertiefung der Beziehung. Dass seine Cousine mittlerweile einen Freund hatte, sei für ihn "ein schwerer Schock" gewesen, so der Staatsanwalt.

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Stundenlanges Martyrium

In der Nacht auf den 27. Dezember dürfte der Angeklagte einmal mehr zurückgewiesen worden sein. Daraufhin habe er die Studentin gewürgt und mit einem Steakmesser gezwungen, mit ihm in den Keller zu gehen, so der Staatsanwalt. Dort soll er sie vergewaltigt haben. Danach saßen die beiden einander drei Stunden lang im Keller gegenüber - er mit dem Messer in der Hand. "Das muss für das Opfer die Hölle auf Erden gewesen sein." Dann habe der Angeklagte mit Suizid gedroht. Die 25-Jährige soll geantwortet haben: "Wenn du dich umbringen willst, dann bitte nicht hier im Haus", schilderte der Anklagevertreter weiter. "Das war ihr Todesurteil." Der Angeklagte habe die Frau gewürgt und ihr sechs Stiche in den Brustbereich versetzt.

Als die Verwandten des Opfers in der Früh munter wurden - der Angeklagte hatte sich mittlerweile umgezogen -, soll er zuerst die Halbschwester unter einem Vorwand in den Keller gelockt und dort gewürgt haben. Als ihr Ehemann eingriff, habe er diesen mit einem Fleischerbeil attackiert. Letztlich gelang es dem Mann aber, den Angreifer in Schach zu halten und - gemeinsam mit einem Nachbarn - bis zum Eintreffen der Polizei zu fixieren.

Angeklagter weinerlich

Der Angeklagte schilderte die Abläufe der Tatnacht kurz und bündig, zunächst wirkte er emotionslos, danach weinerlich. "Wir haben gesprochen und dann habe ich sie vergewaltigt", gab er unumwunden zu. Es sei ihm klar gewesen, dass sie das nicht wollte. Danach hätten sie wieder bis in die Morgenstunden geredet, "und dann habe ich sie umgebracht". Er habe sie zunächst gewürgt und danach mit dem Messer in die Brust gestochen. "Ich wollte das beenden. Ich merkte, dass sie leidet und wollte nicht, dass sie noch mehr leiden muss."

Auf die Frage der Richterin, warum er die Studentin getötet habe, sagte er: "Das weiß ich nicht", er habe noch nie jemanden so geliebt wie die 25-Jährige. "Bis heute denke ich an sie", meinte er später. Dass er die Halbschwester des Opfers und deren Mann zu töten versucht habe, um Zeit für die Flucht zu gewinnen, bestritt er ebenso wie dass er der kleinen Tochter des Paares eventuell auch etwas angetan hätte, wenn diese plötzlich im Raum gestanden wäre.

Laut Gutachten zurechnungsfähig

Laut dem psychiatrischen Gutachten von Adelheid Kastner war der 29-Jährige zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig, aufgrund einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung bestehe aber hohe Gefahr, dass er wieder derartige Taten begehen könnte. Die Staatsanwaltschaft beantragte daher zusätzlich zu einer Strafe auch die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Der Verteidiger fand allerdings, dass angesichts der Unbescholtenheit seines Mandanten die Einschätzung Kastners "zu hinterfragen sein" werde. Dem Angeklagten tue es "unheimlich leid, dass das passiert ist". Dieser ist weitgehend geständig und bekannte sich schuldig.