Seit dem Jahr 1976 gilt in Österreich die Gurtenpflicht. Doch auch 45 Jahre nach der Einführung schnallt sich jeder 13. Pkw-Insasse immer noch nicht an. Das ergab eine Erhebung des ÖAMTC. Im Vorjahr wurden bei Verkehrsunfällen 146 Pkw-Insassen getötet - 27 Prozent davon waren ohne Gurt unterwegs. In den vergangenen fünf Jahren erlitten knapp ein Drittel der in einem Pkw verunfallten Personen, die nicht gesichert waren, schwere oder gar tödliche Verletzungen.

Bei angeschnallten Personen waren das laut ÖAMTC rund neun Prozent. Anlässlich der UN-Verkehrssicherheitswoche hat der Mobilitätsclub im Frühjahr 2021 eine Erhebung zur Gurtanlegequote unter erwachsenen Pkw-Insassen in allen Landeshauptstädten Österreichs durchgeführt. Das Ergebnis war ernüchternd: Von über 27.000 beobachteten Insassen waren noch immer acht Prozent nicht bereit, sich anzuschnallen.

"Dabei ist weitestgehend bekannt, dass das Risiko bei einem Unfall schwer oder gar tödlich verletzt zu werden, ohne Gurt wesentlich höher ist", warnte ÖAMTC-Verkehrstechniker David Nose. Die Gurtanlegequote hat sich im Vergleich zur letzten ÖAMTC-Erhebung aus 2017 - damals waren rund elf Prozent der Pkw-Insassen nicht angeschnallt - leicht verbessert.

Auch Tempo 30 schon gefährlich

"Nur mit angelegtem Gurt, der richtigen Sitzposition und der korrekten Einstellung der Kopfstütze kann die Sicherheitsausrüstung in einem Fahrzeug, wie der Airbag, ihre volle Wirkung entfalten und Leben retten", gab der ÖAMTC-Experte zu bedenken. Auffällig ist zudem nach wie vor, dass die Moral zum Anlegen eines Gurtes auf den Fondsitzen geringer ausgeprägt ist: Auf den vorderen Sitzen schnallen sich rund 93 Prozent ordnungsgemäß an, während es auf den Rücksitzen nur 87 Prozent der Pkw-Insassen sind. "Wer jedoch hinten sitzt und sich nicht anschnallt, gefährdet nicht nur sich selbst sondern auch den davor Sitzenden", sagte Nose. Diese Tatsache untermauern auch mehrmals durchgeführte ÖAMTC-Crashtests.

Im Bundesländer-Vergleich sticht bei der Erhebung zur Gurtanlegequote ist Salzburg positiv hervor. Dort waren kaum noch Personen im Pkw zu sehen, die nicht angeschnallt waren (rund zwei Prozent). Ebenso war die Quote der nicht angeschnallten Insassen in Kärnten (sechs Prozent) relativ niedrig. In Wien bedarf es noch eines stärkeren Umdenkens in Bezug auf den Sicherheitsgurt. Knapp 13 Prozent der beobachteten Pkw-Insassen waren nicht angeschnallt. Auch im Burgenland lag die Quote über zehn Prozent. Die restlichen Bundesländer lagen alle im Bereich des österreichweiten Wertes.

Ein Verzicht auf den Sicherheitsgurt ist auch im Ortsgebiet purer Leichtsinn, warnte der ÖAMTC. Selbst bei einem Aufprall mit Tempo 30 sind die freiwerdenden Kräfte so groß, dass man sich nicht mehr mit Armen und Beinen abstützen kann, wie auch aus den Ergebnissen von Crashtests hervorgeht. "Viele Autofahrer argumentieren aber, dass sie ohnehin nur im Ortsgebiet oder auf ihnen gut bekannten Strecken ohne Gurt unterwegs seien", sagte Nose. Doch knapp zwei Drittel aller Unfälle passieren laut Statistik Austria im Ortsgebiet. "Sich dort nicht anzuschnallen ist purer Leichtsinn. Und gerade auf bekannten Strecken neigt man eher dazu, unvorsichtiger zu fahren, weil man meint, jeden Zentimeter zu kennen." Dass es allerdings immer zu einer unvorhersehbaren Gefahrensituation kommen kann, wird leider nach wie vor zu oft ausgeblendet.

Die Gurtpflicht wurde in Österreich am 15. Juli 1976 eingeführt. Den größeren Meilenstein in der Erhöhung der Verkehrssicherheit brachte allerdings der 1. Juli 1984. Ab diesem Zeitpunkt wurden Verstöße auch mit einer Organstrafverfügung sanktioniert. Die Auswirkung auf die Unfallzahlen war signifikant: Vorher kamen Jahr für Jahr rund 1.900 Menschen im Straßenverkehr ums Leben - 1985 sank diese Zahl deutlich auf rund 1.500. Der Strafsatz für das Organmandat betrug anfangs 100 Schilling, umgerechnet ca. sieben Euro. Heute muss man mit mindestens 35 Euro rechnen, wenn man ohne angelegten Sicherheitsgurt erwischt wird. Beim Transport eines Kindes ohne die entsprechende Rückhalteeinrichtung droht eine Anzeige, der theoretische Strafrahmen reicht sogar bis zu 5.000 Euro. Zusätzlich wird eine Vormerkung ins Führerscheinregister eingetragen.