Franz Z.* wollte endlich ohne Schmerzen leben. Zu unerträglich waren sie für den 82-Jährigen in den vergangenen Monaten geworden. Durch chronische Durchblutungsstörungen war sein linkes Bein irreparabel beschädigt und konnte auch durch die erfahrenen Ärzte am Klinikum Freistadt nicht mehr gerettet werden.

Nach reiflicher Überlegung und zahlreichen Gesprächen mit seinen beiden Töchtern stimmte der Mühlviertler einer Oberschenkelamputation zu. Der Termin für die Operation wurde für vergangenen Dienstag fixiert. Sie verlief ohne Zwischenfälle. Gestern früh wurde Franz Z. planmäßig der Verband gewechselt. Ein Routinevorgang, der einen schrecklichen Fehler offenbarte: Franz Z. fehlte das rechte Bein.

"Ich möchte mich entschuldigen"

Sichtlich tief betroffen wandte sich Norbert Fritsch, Ärztlicher Direktor des Klinikums Freistadt, gestern Nachmittag an die Öffentlichkeit. "Es war eine Kette von Fehlern. Das gesunde Bein wurde von der Chirurgin mit einem Pfeil markiert und schließlich auch amputiert. Das kann man nicht mehr gutmachen und das darf auch nicht passieren. Ich möchte mich öffentlich für diesen tragischen Fehler entschuldigen", sagte er.

Doch wie konnte es überhaupt dazu kommen?

Franz Z. war bereits im vergangenen Herbst stationär am Klinikum Freistadt aufgenommen worden. Schon damals wegen großer Probleme mit den Beinen. Auch mit dem rechten, das vor der Operation am Dienstag als gesund galt. „Auch das rechte Bein ist nicht gesund, aber wesentlich besser als das linke. Das ist auch mit freiem Auge ersichtlich“, sagt Fritsch.

Franz Z. war wegen seiner Beschwerden bereits auf eine Gehhilfe angewiesen, lebte in einem Pflegeheim im Mühlviertel. Von dort kam er am Montag, 17. Mai, wieder zurück ins Klinikum, um sich auf die bevorstehende Operation vorzubereiten. Bei den Vorbesprechungen und auch bei den Untersuchungen wurde stets von der Amputation des linken Beines gesprochen.

Trotzdem markierte die Ärztin, eine erfahrene Chirurgin am Klinikum Freistadt, einen Tag später und kurz vor der Operation das rechte Bein mit einem Pfeil. Franz Z. fiel das nicht auf – vermutlich auch, weil er bereits mit Schmerzmitteln auf die Amputation vorbereitet wurde. "Der Patient kann sich zwar artikulieren, ist in der Artikulation aber eingeschränkt", sagt Fritsch.

"Normal gibt es viele Augen"

Auch im Operationsplan und der "Fieberkurve", also dem Patientenblatt von Franz Z., trägt die Ärztin "Beinamputation rechts" ein. Einen Gegencheck durch einen anderen Arzt fordert sie nicht an, bevor sie Z. operiert. "Normalerweise gibt es viele Augen, die diese Vorbereitungen beobachten. Warum es zu keinem Gegencheck kam, muss jetzt geklärt werden", sagt Fritsch.

Am Donnerstag früh erfuhren Franz Z. und seine Familie von der tragischen Verwechslung – ihnen wurde psychologische Hilfe angeboten. Damit ist nun auch eines klar: Der 82-Jährige wird beide Beine verlieren und auf einen Rollstuhl angewiesen sein. "Leider bleibt dem Patienten nun eine zweite Operation nicht erspart, weil das linke, also das tatsächlich betroffene Bein, ab Mitte Oberschenkel dringend abgenommen werden muss", sagt Fritsch. Der Termin werde bereits in den kommenden Tagen fixiert, die Operation so schnell wie möglich durchgeführt.

Fall für Staatsanwaltschaft

Die zuständige Ärztin sei "tief betroffen" und sich ihrer Fehler "voll bewusst". Auf eigenen Wunsch arbeitet sie aktuell nicht mehr am Klinikum Freistadt.

"Wir werden nun alles daransetzen, den Fall aufzuklären, alle internen Abläufe zu überprüfen und zu hinterfragen", sagt der Ärztliche Direktor. Darauf aufbauend sollen dann die Standards der Klinik noch einmal überarbeitet und weiter verbessert werden, um "solch tragische Ereignisse in Zukunft zu vermeiden". Die Oberösterreichische Gesundheitsholding hat eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Linz übermittelt. Diese wird strafrechtliche Konsequenzen prüfen.

*Name von der Red. geändert.