Seit im Suez-Kanal Schiffe mit Tausenden Tieren stecken blieben, ist das Thema Tiertransporte erneut hochgekocht. Ein System, bei dem Politik, Bauern und Konsumenten seit Jahren beteuern, dass es sich ändern müsse. Die Marktmechanismen führten vor allem beim Kalbfleisch dazu, dass Österreich im Jahr Fleisch von rund 100.000 Kälbern importiert, während rund 50.000 Kälber zur Mast ins Ausland transportiert werden. Gleichzeitig hat sich, weil Kalbfleisch aus Holland oftmals nur halb so teuer ist wie heimisches, die Inlandsproduktion von Kalbfleisch seit 2000 halbiert.

Kälber wieder in Österreich mästen soll Transporte reduzieren

Mit einem jetzt startenden Projekt soll laut Agrarministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) die Käbermast im Inland wieder attraktiviert – und damit die Kälbertransporte minimiert werden. Demnach können Bauern jetzt in ein Qualitätsprogramm einsteigen (für die Erfüllung diverser Auflagen gibt es eine Förderung und rund 30 Cent je Kilo Fleisch mehr), wofür es dann das AMA-Gütesiegel geben wird. Neben dem Gütesiegel „Vollmilchkalb“ soll vor allem das „Kalb rosé“ vermarktet werden.

Hannes Royer im Gespräch mit Agrarministerin Elisabeth Köstinger
Hannes Royer im Gespräch mit Agrarministerin Elisabeth Köstinger © (c) Paul Gruber

„Die Kunden sind weißes Kalbfleisch gewohnt. Wenn man Kälber aber artgerecht und länger füttert, wird das Fleisch rosé-farben. Wenn wir weißes Kalbfleisch essen, essen wir in Wahrheit das Fleisch von mangelernährten Tieren“, sagt Hannes Royer, Rinderbauer und Gründer der Lebensmittelplattform „Land schafft Leben“.

Nur 0,9 Prozent des Kalbfleischs über Supermärkte verkauft

Die Kunst sei es, nicht nur das Angebot (laut Ministerium ist das Interesse von Bauern, in dieses Kälbermastprogramm einzusteigen, groß), sondern auch Nachfrage zu schaffen. Und da zeigt sich laut Royer aktuell auch großes Interesse des Gastro-Großhandels an „Kalb rosé“ aufgrund der anhaltenden Tiertransportdebatten in den letzten Monaten. Denn: nur 0,9 Prozent des Kalbfleisches wird über den Lebensmitteleinzelhandel abgesetzt. „Das Kalbswiener essen die Österreicher praktisch nur außer Haus“ so Royer.

Auf EU-Ebene wird für 2022 eine neue Tiertransportverordnung erwartet. Im EU-Parlament sitzen u. a. die heimischen Abgeordneten Thomas Waitz (Grüne) und Simone Schmiedtbauer (ÖVP) in einem Tiertransport-Ausschuss. Beide machten sich zuletzt für ein Verbot von Schlachttiertransporten in Drittstaaten stark. „Die Irrfahrten auf dem Weg zur Schlachtbank im Nahen Osten machen mich als Landwirtin traurig und wütend“, so Schmiedtbauer. Aber es wird wohl noch ein langer Weg, bis Konsens mit Exportländern wie Spanien herrscht.