Nach dem Fund einer toten 64-jährigen Niederösterreicherin am Donnerstag in einer Wohnung in Neulengbach (Bezirk St. Pölten-Land) sind laut Polizei die Tatwaffen - ein Maurerfäustel und ein Messer - sichergestellt worden. Ihr Lebensgefährte soll die Frau bereits am Mittwoch getötet und sich anschließend selbst verletzt haben. Der 65-Jährige wurde operiert und befand sich am Freitag weiter im Spital.

Die Staatsanwaltschaft St. Pölten hat ein psychiatrisches Gutachten beauftragt, sagte ein Sprecher. "Es gibt Anhaltspunkte, die es erforderlich machen, ein Gutachten zur Frage der Zurechnungsfähigkeit in Auftrag zu geben", hieß es von der Anklagebehörde. Ein Ergebnis wird in einigen Wochen erwartet. "Wir haben einen Antrag auf Untersuchungshaft oder vorläufige Anhaltung gestellt", berichtete der Sprecher weiter.

Gegen den 65-Jährigen wird wegen Mordes ermittelt. Wann er befragt werden kann, war laut Exekutive aufgrund seines Gesundheitszustandes vorerst nicht absehbar. Beamte der Justizwache haben die Bewachung im Krankenhaus übernommen

Geständnis bei Festnahme

"Der Mann hat bei seiner Festnahme gesagt, dass er für den Tod der Frau verantwortlich ist", sagte Polizeisprecher Johann Baumschlager. Der Ablauf stand vorerst nicht fest. "Dazu muss er erst befragt werden", erklärte der Sprecher. Auch das Motiv soll durch die Einvernahme geklärt werden. Das Landeskriminalamt Niederösterreich führt die Ermittlungen.

Ungeklärt ist derzeit noch das Tatmotiv. Nach Angaben von Nachbarn soll sich der Mann jedoch schon mehrmals in psychiatrischer Behandlung in einer Klinik befunden haben.

Bereits achter Frauenmord in diesem Jahr

Die Gewalttat an der 64-jährigen Niederösterreicherin ist bereits der achte Frauenmord in diesen Jahr. Zuletzt war am Ostermontag jene 35-jährige Wienerin gestorben, die ihr Ex-Freund einen Monat zuvor in ihrer Trafik angezündet hatte. Zwei Tage danach gestand in Graz ein 43-jähriger Afghane seine Frau, Mutter von vier Kindern, erstochen zu haben.

Jede fünfte Frau in Österreich ist ab ihrem 15. Lebensjahr körperlicher oder sexueller Gewalt ausgesetzt – oder beidem. Das ergab eine Umfrage der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte. Monatlich werden in Österreich im langjährigen Schnitt drei Frauen ermordet, zählt der Verein Autonome Frauenhäuser (AÖF). Ein erkennbares Muster ist dabei: Die Täter stehen häufig in einem Beziehungs- oder Familienverhältnis zum Opfer.

Experten bezeichnen die Taten als Femizide, da oft keine persönlichen, sondern gesellschaftliche Probleme dahinterstecken - etwa patriarchale Rollenbilder.

Laut Kriminalstatistik gab es im Jahr 2020 11.652 ausgesprochene Betretungs- und Annäherungsverbote. Die Zahl der weggewiesenen Gefährder ist von 8.254 im Jahr 2019 auf 9.689 im Jahr 2020 gestiegen. Durch die soziale Krise droht eine weitere Verschärfung der Situation.

Mehr Hilfsangebote gefordert

Die SPÖ sieht dringenden Handlungsbedarf, um den Schutz von Frauen zu verbessern. Sie fordert erneut bundesweite Hochrisikofallkonferenzen und einen raschen Ausbau der Frauenberatungsstellen und Hilfseinrichtungen. Ein wichtiger Schritt ist im Bereich der Justiz gelungen, so SPÖ-Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek. "Wer Hilfe braucht, muss diese rasch bekommen. Lange Wartezeiten sind gefährlich. Der Schutz von Frauen muss endlich oberste Priorität haben."

Auf Initiative von SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim wurde im Nationalrat einstimmig ein Antrag auf eine stärkere Einbeziehung von Gewaltschutz in die Ausbildung von Richtern beschlossen. So wurden in der Vergangenheit viel zu selten Anti-Gewalttrainings durchgeführt, obwohl sich diese als sehr hilfreich erwiesen haben.

Eine sofortige Umsetzung der gesetzlich verankerten Fallkonferenzen, einen Gewaltschutzgipfel, eine sofortige Umsetzung der Istanbul-Konvention, eine personelle Aufstockung der Gewaltschutzorganisationen und eine Regierungskampagne  gegen Gewalt fordert auch der Österreichische Frauenring. "Wie viele Frauen müssen noch sterben?" betont die Vorsitzende Klaudia Frieben. „Gerade die brutale Art und Weise, wie Frauen in den letzten Tagen und Wochen hr Leben durch das Verschulden ihrer Männer lassen mussten, muss höchstes Alarmzeichen für die Sicherheits- und die Frauenpolitik sein.“

"Erneut musste eine Frau sterben, weil die Präventionsmaßnahmen aufgrund des seit Jahren viel zu niedrigen Budgets für Gewalt- und Opferschutz entweder unzureichend waren oder vielleicht gar nicht angewandt wurden", kritisierte auch der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) in einer Aussendung. Möglicherweise hätten Informationen über Hilfseinrichtungen, wie z.B. die Frauenhelpline 0800 222 555, die Frau im Vorfeld nicht erreicht, weil breite Informationskampagnen gegen tiefgehende patriarchale Strukturen fehlen.

Tat vermutlich bereits am Mittwoch

Die Frau soll nach Polizeiangaben am Mittwoch durch Schläge mit einem Hammer auf ihren Kopf und durch Messerstiche und Schnittverletzungen im Halsbereich getötet worden sein. Ein genauer Tatzeitpunkt war vorerst nicht bekannt. Die Staatsanwaltschaft St. Pölten hat eine Obduktion angeordnet.

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Der Mann soll sich selbst Verletzungen am Kopf, am Hals, an Unterarmen und Beinen zugefügt haben. Er wurde am Donnerstag festgenommen und ins Universitätsklinikum St. Pölten transportiert. Nach einer Operation befand sich der österreichische Staatsbürger am Freitag weiterhin in ärztlicher Behandlung. Aufgrund seines Gesundheitszustandes war eine Einvernahme vorerst nicht möglich.