Die Caritas hat von der Bundesregierung einen "sozialen Comeback-Plan für Österreich" gefordert. "Wir wünschen uns eine Garantieerklärung, dass die Sanierung der Krise nicht auf Rücken der Schwächsten, der Armen passieren darf, nicht auf dem Rücken von Klein- und Mittelverdienern, Mindestpensionisten, kinderreichen Familien, Arbeitslosen oder armutsbetroffenen Menschen", sagte Caritas-Präsident Michael Landau anlässlich des 100. Caritas-Gründungsjahrs.

Landau verwies bei dem Pressetermin in der Wiener Obdachloseneinrichtung "Gruft" auf den von der türkis-grünen Regierung vorgestellten Comeback-Plan für die Wirtschaft - "das ist gut". "Wir wünschen uns aber die gleiche Entschiedenheit und Priorität für einen sozialen Comeback-Plan für Österreich", sagte er. "Mit diesem sozialen Wiederaufbau müssen wir heute beginnen." Er wünsche sich, dass der neue Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) mit der gleichen Energie, "mit der er jetzt Gesundheitsminister sein muss, auch Sozialminister ist".

Es sei "kein Jahr zum Feiern", sagte Klaus Schwertner, der geschäftsführende Caritasdirektor der Erzdiözese Wien, es brauche aber Hoffnung und Zuversicht. Die Einrichtungen der Caritas seien "Seismografen" der Krise, und diese hätten im letzten Jahr "so etwas wie ein Erdbeben" angezeigt. "Ein Beben, weil mehr Menschen und viele Menschen, die niemals gedacht hätten, dass sie Hilfe von der Caritas brauchen, sich an uns gewendet haben." Die Corona-Krise habe aufgezeigt, "wie schnell es gehen kann, dass jemand, der Hilfe leistet, selbst Hilfe braucht."

Armutsbekämpfung hat Priorität

An erster Stelle müsse nun die Armutsbekämpfung stehen, so Schwertner in Richtung Regierung. Die Caritas fordert daher eine Überarbeitung der "Sozialhilfe Neu" und die Wiedereinführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung. Auch eine Überprüfung aller Versicherungs- und Sozialleistungen auf ihre "Armutsfestigkeit", die Ausweitung des Familienbonus auf einkommensschwache Haushalte und eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes, das für viele nicht armutsfest sei, steht auf der Wunschliste der Hilfsorganisation.

Angesichts des Auslaufens der Miet-Stundungen im März forderte Schwertner eine Verlängerung der Stundungen und einen bundesweiten Härtefallfonds, mit dem Miet-Rückstände beglichen werden können. Auch wünscht sich die Caritas einen "Pakt gegen Kinderarmut": Man müsse "alles daran setzen, dass Kinder in Familien aufwachsen, die zumindest das Notwendigste haben", sagte Caritas-Generalsekretärin Anna Parr. Neben Maßnahmen im Bildungssektor wie etwa ein verpflichtendes zweites Kindergartenjahr müsse man auch über Formen einer "Kindergrundsicherung" nachdenken.

Caritas-Direktor Laudau bei der Pressekonferenz zum Jubiläum
Caritas-Direktor Laudau bei der Pressekonferenz zum Jubiläum © APA/HERBERT-PFARRHOFER

Angesprochen wurde auch der Bereich der Pflege: Landau wünscht sich einen "Turbogang bei der Umsetzung der Pflegereform". An erster Stelle müsse eine Personaloffensive stehen, hier denkt die Caritas an eine finanzielle Unterstützung bei der Ausbildung. Angesprochen auf die Aussagen von Gesundheitsminister Mückstein im Ö1-Morgenjournal, der bezahlte Ausbildungspraktika angedacht hatte, sagte Parr, Vorbild könne etwa die Polizei-Ausbildung sein.

Landau betonte auch die internationale Dimension der Corona-Krise. "Wir brauchen mehr Mut über die Landesgrenzen hinweg." Er verwies auf den Klimawandel, der im Corona-Jahr in Vergessenheit geraten sei. Gerade Menschen aus ärmeren Ländern, die am wenigsten zum Entstehen der Klimakrise beigetragen hätten, seien am stärksten davon betroffen. Es brauche daher eine "Globalisierung des Verantwortungsbewusstseins". Schwertner richtete auch einen Blick auf die Flüchtlingslager in Griechenland und forderte einmal mehr, dass Österreich zumindest 100 Familien und Kinder von dort aufnimmt.