Es ist bereits das fünfte Mal im noch jungen Jahr 2021, dass eine Frau in Österreich Opfer tödlicher Gewalt wurde. Am frühen Dienstagmorgen wurde die 28-Jährige erwürgt und mit einer Stichwunde im Bauch in ihrer Wohnung in Wien-Favoriten aufgefunden. Der Tatverdächtige, ihr 29-jähriger Lebensgefährte, ließ sich am Tatort widerstandslos festnehmen. Er hatte einen Verwandten der Frau, der im selben Haus wohnt, am Dienstag gegen 5.30 Uhr aufgesucht und diesem gesagt, dass er seine Freundin getötet habe. Bei einer ersten Einvernahme stritt er die Tat jedoch ab und gab an, die Frau bereits leblos in der Wohnung vorgefunden zu haben.

Schon einige Stunden davor gab es in der Wohnung einen heftigen Streit zwischen dem Paar, bei dem die junge Polin von dem angetrunkenen 29-jährigen Österreicher auch leicht verletzt wurde. Sie rief die Polizei und wurde in der Nacht auf Dienstag ins Spital gebracht, wo sie versorgt werden musste. Polizeibeamte suchten indes nach dem bereits amtsbekannten und mehrfach vorbestraften Beschuldigten, um ein Annäherungs- und Betretungsverbot auszusprechen. Allerdings blieb die Suche erfolglos, auch an seiner Wohnadresse hielt sich der Mann nicht auf. 

Tödliche Rückkehr

Die Frau wurde in der Zwischenzeit wieder aus dem Spital entlassen und kehrte in ihre Wohnung zurück, wo es dann zur Bluttat kam. Wie sich der Verdächtige Zutritt verschaffen konnte, ist noch nicht geklärt. "Es gibt keine Hinweise auf ein gewaltsames Eindringen", sagt Polizeisprecher Christopher Verhnjak. Laut ihm waren beide Personen in Bezug auf ihre Beziehung zueinander kriminalpolizeilich aktenkundig, da es in der Vergangenheit mehrfache polizeilich relevante Vorfälle gegeben habe. In der Vergangenheit wurden auch schon Betretungs- und Annäherungsverbote gegen beide Personen ausgesprochen. Warum und unter welchen Umständen die Frau sterben musste, wird nun ermittelt.

"Zu dem polizeilichen Ablauf der Tatnacht können wir sagen, dass nach aktuellen Erkenntnissen seitens der einschreitenden Polizisten korrekt gearbeitet wurde", sagt Verhnjak. Maria Rösslhumer vom Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser hingegen sieht ein Versagen beim Opferschutz: "Wir sind zutiefst bestürzt und bei jedem Mord an einer Frau fragen wir uns: Hätte diese Tat verhindert werden können?" Während im konkreten Fall noch ermittelt wird, ortet Rösslhumer grundsätzliche Versäumnisse was den Schutz von Frauen betrifft - und bietet zugleich Lösungsvorschläge an: "Es müsste noch besser informiert und geschult werden, bei der Exekutive wie auch bei potenziellen Opfern."

Umgang mit Tätern zu "lax"

Für Rösslhumer ist im gegenwärtigen Fall einmal mehr belegt, dass der Opferschutz in Österreich "unzureichend und lückenhaft" ist. Der Polizei wirft sie einen "zu laxen Umgang" mit dem Verdächtigen vor. "Laxes Handeln resultiert in einer ansteigenden Zahl ermordeter Frauen und Kinder", mahnt Rösslhumer.

Laut Verhnjak sei man bei der Polizei "natürlich stets bemüht, den größtmöglichen präventiven Schutz zu bieten, aber eine hundertprozentige Sicherheit gibt es leider nicht. Der Erfolg der Maßnahmen ist auch vom individuellen Verhalten der betroffenen Personen abhängig, ob die Sicherheitstipps und Maßnahmen angenommen werden." Am heutigen Mittwoch soll die zweite Einvernahme des 29-Jährigen erfolgen.