"Ein Jahr, das wir nie vergessen werden", beginnt Gesundheitsminister Rudolf Anschober seine Rückschau auf dieses Pandemie-Jahr. Am 25. Februar gab es in  Österreich die ersten Infizierten, am 16. März kam es zum ersten Lockdown. "Unvorstellbar, dass so etwas einmal einsetzt", sagt der Minister dazu. "Wahrscheinlich, hat es in den letzten Jahren kein anderes Ereignis gegeben, das unser Leben so verändert hat", betont Anschober.

So hat es nach dem ersten Lockdown fünf bis sechs Monate gegeben, in denen das Leben wieder halbwegs normal war. Mit einer zweiten Welle hat man aber gerechnet, nicht aber mit der Gewalt und Vehemenz, mit der sie dann eingetreten ist. Es folgte der zweite Lockdown und eine Stabilisierung der Infektionszahlen. Im Moment sind es 1818 Fälle in den vergangenen 24 Stunden. 439.000 Menschen wurden in den vergangenen zwölf Monaten in Österreich einmal positiv getestet.

Zahl der Infektionen und Todesfälle nehmen rapide ab

Ein Blick in die Pflegeheime: Derzeit gibt es 400 Fälle in den Heimen in ganz Österreich. Man sehe, dass Impfen wirke, betont Anschober. Die Zahlen der Infektionen und Todesfälle nehme rapide ab.

Zu den Mutationen: In manchen Regionen im Osten gibt es bereits eine Dominanz der britischen Variante, erklärt Anschober.

Man stehe nun am Scheideweg, die Fälle gehen wieder leicht nach oben. "Die Wochen bis Ostern sind entscheidend", erklärt der Minister.  Ein Fünf-Punkte-Plan soll uns durch diese Phase helfen:

-  Alle PCR-Tests auf Mutationen untersuchen

- FFP2-Maske überall

- Mehr Tests  -  dadurch würde man natürlich mehr Fälle finden

- Contact Tracing muss schnell funktionieren

- Impfungen: 500.000 Impfungen wurden gemacht, rund 200.000 Menschen haben bereits den Vollschutz

Plan für die Zeit nach Ostern

Psychosoziale Auswirkungen sollen untersucht und es soll gegengesteuert werden. Außerdem geht es um eine klare Strategie für ein Leben nach der Impfung. Vor allem in der Zeit nach Ostern, wenn eine Million Menschen geimpft worden sein sollen.

Langzeitfolgen

Die Direktorin des Jüdischen Museums Wien, Danielle Spera, spricht über ihre Erkrankungen und die Langzeitfälle. Nach zwei Monaten kamen bei Spera Atemprobleme dazu und der Geruchs- und Geschmackssinn ist bis heute noch nicht zurückgekehrt. Mit den Langzeitfolgen hat sie nicht mehr gerechnet. Sie ist froh, dass sich die Medizin damit beschäftigt.

Was kann die Medizin bei der Behandlung leisten? Dazu spricht Günter Weiss, Direktor der Uniklinik für Innere Medizin in Innsbruck. Keine Infektionskrankheit sei bisher so gut erforscht worden, das sei wichtig. Doch es gebe unterschiedliche Präsentationen der Krankheit  - das mache die Behandlung schwierig. "Wir haben noch immer kein wirksames Medikament in der Hand", sagt Weiss. Mit Beatmungsgeräten und Medikamenten gegen Begleiterscheinungen versucht man im Moment die Krankheit zu behandeln. Viele Fragen seien immer noch offen. Ausblick: "Corona wird Teil unseres Lebens bleiben", betont Weiss. Es wird immer ein Balanceakt sein - zwischen Maßnahmen, die eine Ausbreitung einschränken und Öffnungsschritten.

Elisabeth Puchhammer-Stöckl, Virologin an der Medizinischen Uni Wien, zeigt sich in ihrer Bilanz erfreut darüber, dass der Wissenstransfer so schnell ging, wie etwa beim PCR-Test. Bewundernswert rasch sei auch eine Impfung gekommen. Sie selbst habe nicht gedacht, dass so schnell geimpft werden könnte, sagt die Virologin.

Nikolas Popper, Simulationsforscher der TU Wien, spricht davon, dass wir einen leichten Anstieg erleben. Die gute Nachricht sei, die Zahlen seien auf niedrigem Niveau. Die schlechte Nachricht: Der R-Wert ist größer als 1. Man geht davon aus, dass 15 Prozent der Bevölkerung die Krankheit hatten. Sprich rund 1,3 Millionen Betroffene seien derzeit immunisiert.  Man müsse nun alles daran setzen, bei niedrigen Werten zu bleiben.

Soziale Pandemie

Michael Musalek, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, warnt davor, dass die Covid-Krise ein Brandbeschleuniger für psychische Dispositionen sei. Die virologische Krise ist untrennbar mit psychosozialen Krisen verbunden, sagt der Facharzt. Jeder sei betroffen. Je länger die Krise dauert, desto schwieriger wird es für die Menschen damit fertigzuwerden. Akutbelastungen halten Menschen sehr gut aus, "wir sind aber ganz schwach bei langandauernden Belastungen", sagt Musalek. Es leiden alte Menschen aber auch Kinder und Jugendliche. "Die Jugendliche müssen wir mehr in den Fokus nehmen", betont Musalek.

Fragen zu möglichen Öffnungsschritten

Zutrittstestungen würden nun gut funktionieren, man könne darüber nachdenken, dies sei auch für anderen Bereiche möglich, sagt Minister Anschober.  Darüber werde man aber am 1. März entscheiden. Auch einen Sportgipfel werde es nächste Woche geben.  Popper schließt an Anschobers Ausführungen an: Die Planung gehe nur schrittweise. In den letzten Tagen gebe es einen Anstieg, weil auch mehr getestet wird.