Seit Dienstag stehen in Steyr erneut zwei mutmaßliche Staatsverweigerer vor Gericht, da der Erstangeklagte ein Neuaufrollen des Prozesses erreicht hat. Dessen Beschwerde beim Obersten Gerichtshof (OGH) gegen das erstinstanzliche Urteil 2020 war erfolgreich, der 56-Jährige sowie der Zweitangeklagte müssen sich nun in dem auf drei Tage anberaumten Verfahren nur mehr wegen staatsfeindlicher Vereinigung und nicht wegen versuchter Anstiftung zum Hochverrat verantworten.

"Wegen eines Formalfehlers wird heute nur der Anklagepunkt staatsfeindliche Verbindung verhandelt", stellte der Staatsanwalt klar. Darauf stehen sechs Monate bis fünf Jahre Haft. Für die restlichen Anklagepunkte, darunter versuchte Anstiftung zum Hochverrat, fehlten laut OGH noch Details für eine entsprechende Würdigung. Die für den Fall zuständige Staatsanwaltschaft Graz hat daher die Ermittlungen noch zu ergänzen, bevor entschieden wird, ob es in den anderen Punkten zu einer neuerlichen Anklage gegen die beiden Oberösterreicher kommt.

Beide Angeklagten wollten in Steyr von einer Staatsfeindlichkeit des "International Common Law Court of Justice Vienna" (ICCJV) nichts gewusst haben. Auch wenn jeder von ihnen bis 2018 eine Funktion in der Vereinigung besaß und das sogenannte Wiener Statut, das u.a. ein Tragen von Waffen erlaubt, unterschrieben hatte, gaben sich die zwei ahnungslos. Dass, wie in der Anklageschrift festgehalten, "ein Staat im Staat" gegründet werden sollte, wollen sie in ihrer mehrjährigen Mitgliedschaft nicht mitbekommen haben.

"Ich war nicht Mitglied einer staatsfeindlichen Verbindung", sah sich der Erstangeklagte vor dem Geschworenengericht in Steyr zu Unrecht angeklagt. Den ICCJV betitelte er als einen "Verein für allgemeine Menschenrechte". Bei Vereinstreffen habe man sich nur über die Situation in der Welt beraten, blieb er allgemein. "Oberstes Gebot ist das göttliche Recht, das nicht verhandelbar ist", setzte der 56-Jährige, der aktuell eine Lehre bei einem Pizzabäcker absolviert, zum Vortrag an. "Alle irdischen Gerichte sind Teile Babylons, das ist die Wahrheit. Aus dem Recht ist ein Geschäft gemacht worden." Wurde er hingegen von der Richterin zu seinen konkreten Aufgaben als sogenannter Court-Direktor im ICCJV befragt, gab er sich wortkarg oder ausweichend.

Als sich der Staatsanwalt ob seiner dünnen Angaben wunderte, geriet der Angeklagte in Rage: "Das ist eine böswillige Unterstellung, das ist Verleumdung, ich habe langsam die Nase voll", richtete er dem Staatsanwalt aus. Sein Verteidiger zeichnete von dem Mandanten das Bild eines "impulsiven" und "querulantischen" Menschen, der einer "ideologisch esoterischen Gruppierung mit Verschwörungstheorien" angehört habe. Bereits bei der Sicherheitskontrolle am Eingang des Gerichts hatte dieser in der Früh das Tragen einer FFP2-Maske abgelehnt und forderte vom Wachdienst einen Ausweis. Im Schwurgerichtssaal trug er den Corona-Schutz dann doch, wenn auch nur über dem Mund. Denn: "Ehrliche, authentische Menschen brauchen keine Maske".

Ganz so harmlos sieht die Anklagebehörde den ICCJV aber nicht. Für die Staatsanwaltschaft hatte jene Verbindung zum Ziel, die ordentliche Gerichtsbarkeit der Republik Österreich zu erschüttern und eine Übergangsregierung bilden zu wollen. So soll sie geplant haben, eine Rechtsanwältin zu entführen sowie den damaligen Landeshauptmann von Niederösterreich, Erwin Pröll, zu verhaften. In dem Zusammenhang wurden im April 2017 bereits Mitglieder der Verbindung vom Landesgericht Krems verurteilt.

Der 57-jährige Zweitangeklagte fiel vor allem durch große Erinnerungslücken auf, wenn er zu Details zum ICCJV gefragt wurde. Ein Staatsfeind sei er jedenfalls nicht, er glaube an den österreichischen Rechtsstaat und bekannte sich somit als nicht schuldig im Sinne der Anklage. Er habe sich für mehr direkte Demokratie einsetzten wollen. "Ich habe mir sicher nichts Schlechtes gedacht", meinte er.

Von den für Nachmittag geladenen Zeugen erschienen die ersten beiden nicht. Ob der Plan, bereits Mittwochmittag das Beweisverfahren zu beenden, eingehalten werden kann, war damit fraglich. Zur Sicherheit war schon von vornherein der Donnerstag als weiterer Verhandlungstag fixiert worden.