Drei Tage nach dem Terroranschlag in der Wiener Innenstadt hat der Nationalrat in einer Sondersitzung der Opfer gedacht. Es war eine eigentümliche Sitzung, mit einer Mischung aus Gedenken, Durchhalteparolen - und einer harten politischen Auseinandersetzung um die politische Verantwortung für Behördenfehler vor dem Anschlag.

Es war Justizministerin Alma Zadić (Grüne), die die stärksten Worte für den Anschlag fand: "Lassen wir uns nicht spalten. Dieser Täter hat am Montag versucht, unser Land zu spalten und Chaos zu verursachen. Er hat versucht, uns gegeneinander aufzuhetzen, Migrantinnen gegen Österreicher, Christen gegen Muslime, er und seine Ideologiegenossen wollten uns zu jenen Monstern machen, wie er selber eines war", so die Ministerin; "Und ich sage: Es wird ihm nicht gelingen. Wir werden weiter unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat hochhalten, wir werden weiterhin unsere Werte hochhalten, wir werden weiter füreinander da sein."

Misstrauensantrag gegen Nehammer

Wie sich in den vergangenen Tagen bereits abgezeichnet hatte, kritisiert die FPÖ Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) scharf. "Was Sie Kommunikationsfehler nennen, ist das Todesurteil für vier unschuldige Menschen gewesen", so Klubobmann (und Amtsvorvorvorgänger Nehammers) Herbert Kickl. An der Stelle des Innenministers wüsste er, was nun zu tun sei, legte er Nehammer einen Rücktritt ans Herzen. In seinem Haus habe es ein furchtbares Versagen gegeben: "Dieser islamistische Anschlag hätte verhindert werden könne."

Die FPÖ hat einen Misstrauensantrag gegen Nehammer eingebracht -die SPÖ wird ihn unterstützen. Deren Parteichefin Pamela Rendi-Wagner stieß sich vor allem daran, dass Spitzen der ÖVP versucht hatten, vermeintliche Fehler der Justiz in den Vordergrund zu rücken. Warum also werde in der Öffentlichkeit immer das Gemeinsame betont, wenn man dann das genaue Gegenteil tue, fragte sich die SPÖ-Vorsitzende.

Es gehe nicht um Vernebelung, Ablenkung und Plattitüden, es gehe auch um die Übernahme von Eigenverantwortung, empfahl sie den ÖVP-Ministern. Nun müssten die Vorgänge ehrlich aufgearbeitet werden mit dem Mut, auch Fehler einzugestehen. So sei zu hinterfragen, wie es passieren konnte, dass der Täter unbemerkt ein Kriegsgewehr beschaffen habe können und warum er nicht engmaschig kontrolliert worden sei, nachdem aus der Slowakei die Information gekommen war, dass der Mann dort Munition kaufen habe wollen.

Versprechen von Transparenz und Reform

Nehammer selbst versprach Transparenz bei der Aufarbeitung. Zudem soll der Informationsfluss zwischen den Behörden verbessert werden.

Man habe die Herausforderung, einerseits mögliche weitere Terroristen "zu jagen", so der Innenminister, und andererseits, "Nachschau zu halten, wo Dinge nicht so gelaufen sind, wie sie hätten laufen sollen", räumte Nehammer ein. "Es ist die Kommission, die Klarheit schaffen soll", verwies er auf das bereits angekündigte unabhängige Untersuchungsgremium. "Es ist noch nicht die Zeit, abschließende Befunde zu erstellen, welche Umstände und welche Fehler wo gemacht worden sind", entgegnete der Innenminister der Opposition. Man müsse "schonungslos hineinschauen dort, wo es noch Nachbesserungsbedarf gibt". Man sei bereits dabei, den Verfassungsschutz neu aufzustellen.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) forderte mehr rechtliche Möglichkeiten im Kampf gegen Extremisten. Es brauche eine bessere Handhabe im Umgang mit Gefährdern, meinte der Regierungschef. Explizit verlangt Kurz eine Reform des neuerlich in die Kritik geratenen Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Dieses habe in den vergangenen Jahren aus unterschiedlichen Gründen einen massiven Schaden erlitten: "Diesen gilt es nun zu reparieren."

Die Sitzung begann mit einer Gedenkminute für die Opfer des Anschlags.

Auch Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hat sich für einen "Neustart" und eine "Neuausrichtung" des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ausgesprochen. "Es werden dort auch Missstände zu beseitigen sein", meinte Kogler. Die Tat müsse konsequent aufgeklärt werden, und man müsse aus Fehlern lernen.

Der Vizekanzler verwahrte sich aber auch gegen "voreilige Schuldzuweisungen". Es werde eine unabhängige Untersuchungskommission geben, man werde jene, die möglicherweise Fehler gemacht haben, identifizieren. Aus den Erkenntnissen sollen auch Konsequenzen gezogen werden, versicherte er.