Es war ein Hauch von Ibiza, der am Freitagnachmittag durch das Landesgericht Krems geweht hat. Gelegen hat dies allerdings nicht an den im Schwurgerichtssaal eher unterkühlten Temperaturen, sondern an der Zeugenaussage des mutmaßlichen Ibiza-Video-Protagonisten und Drahtziehers Julian H. in einem Verleumdungsprozess. Für das Jacken tragende Publikum zu sehen war der Sicherheitsmann während der Befragung allerdings weitgehend nicht.

Das lag daran, dass der angebliche Oligarchennichten-Begleiter per Videokonferenz zugeschaltet worden war. Die Leinwand mit dem Bildsignal wurde in Richtung des Schöffengerichts gedreht, für Beobachter war H. daher lediglich hologrammartig als Spiegelbild einer Corona-bedingt montierten Plexiglaswand zu sehen.

Für 13.30 Uhr angekündigt, startete die von mehreren Medienvertretern mit Spannung erwartete Zeugenbefragung um 14.30 Uhr. H. sprach mehr als eineinhalb Stunden mit Kopfhörern im Ohr, meist bedacht in ruhigem Tempo und mit sonor anmutender Stimme. Auffällig war der schlechte Ton. Besonders bei den eher heiklen Stellen hieß es für das Auditorium "Ohren spitzen" - eine Parallele zum Ibiza-Video. H. bekräftigte, dass sein Sicherheitsunternehmen "sicher nie irgendeine Observation" gemacht habe.

Ibiza nur Randerscheinung

Wenig überraschend kam das Ibiza-Video bei der Befragung selbst nicht zur Sprache. Vielmehr ging es hauptsächlich um die jahrelange Geschäftsbeziehung von H. zum Beschuldigten. Er sei im Unternehmen des Niederösterreichers involviert gewesen, habe zwei externe Aufträge gegen Bezahlung auf Honorarnotenbasis übernommen, gab H. zu Protokoll. Auch die Deutsche Plasser Bahnbaumaschinen GmbH sei als Auftraggeber dabei gewesen. Es sei damals - Ende 2012 - um "Patentkopien von Bauteilen der Plasser" gegangen, involviert sei eine türkische Firma gewesen.

Nach dem Konkurs des Unternehmens des Beschuldigten habe H. auch mit seiner eigenen, 2015 gegründeten Firma Aufträge von Plasser erhalten. Das Volumen sei "zwischen 25.000 und 30.000 Euro pro Monat angesiedelt" gewesen. Operativ tätig sei auch der nunmehrige Angeklagte gewesen, der allerdings stets zu Übertreibungen geneigt habe. "Er hatte die Tendenz, alles unglaublich aufzublasen", erklärte der Zeuge. Der 48-Jährige habe allerdings einen gewissen Kundenstamm miteingebracht.

Keine "illegalen Methoden"

Aufträge von Plasser hätten primär auf "Marktbeobachtung im weitesten Sinne" abgezielt, sagte H. Ein Konkurrenzunternehmen sei in Verdacht gestanden, Kunden und ehemalige führende Mitarbeiter von Plasser abzuwerben, dem sollte entgegnet werden. Illegale Methoden seien dabei allerdings nicht angewandt worden.

Von einem ehemaligen Kollegen war H. zuvor als Mann mit besonderen Fähigkeiten beschrieben worden. Anders als der Detektiv selbst offenbarte der Ex-Kompagnon allerdings immer wieder größere Erinnerungslücken. Von illegalen Spionagemethoden wollte auch er nichts gewusst haben.

Nach der Einvernahme von Julian H. endete der zweite Verhandlungstag. Fortgesetzt wird das Verfahren am 6. November.