688 Neuinfektionen mit dem Coronavirus sind am Freitag innerhalb der vergangenen 24 Stunden in Österreich hinzugekommen. Mit gleichzeitig 710 neu Genesenen blieb die Zahl der aktiven Fälle in etwa konstant bei fast 8.400. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sah eine "Stabilisierung mit deutlich zu hohen Zahlen" und strebt in den kommenden ein bis zwei Monaten eine Halbierung der Fälle an. Zuvor hatte die Ampel-Kommission sechs Bezirke neu auf Orange gestellt.

Die meisten Neuinfektionen gab es mit 266 in Wien, 103 waren es in Niederösterreich und in den übrigen Bundesländern Werte im zweistelligen Bereich. Aktuell befanden sich 472 Personen in Spitalsbehandlung, davon 100 auf Intensivstationen. Vor einer Woche waren es noch 78 Covid-19-Erkrankte in intensivmedizinischer Behandlung gewesen. "Wir sind derzeit in einer Situation, wo wir deutlich von den Kapazitätsgrenzen entfernt sind", betonte Anschober bei einer Pressekonferenz in Wien.

Es sei "eine gute Zwischennachricht, dass es nicht weiter raufgegangen ist", betonte der Gesundheitsminister zu den Neuinfektionen der vergangenen Tage. Allerdings: "Wir müssen runter mit diesen Zahlen", so Anschober. "Es geht aber nicht nur um den Gesundheitsschutz, das alles hat ganz vehemente Auswirkung auf unsere Wirtschaftsentwicklung", warnte der Gesundheitsminister. "Je höher die Infektionszahlen, desto höher drohen auch die Arbeitslosenzahlen zu werden", sagte er.

Gute Nachrichten für Tirol

Unter den Bezirken mit hohem Risiko befindet sich nach der neuen Ampel-Schaltung erstmals die Kärntner Region Hermagor, wegen eines im Zuge eines Almabtriebs entstandenen Clusters. Auch Neusiedl am See im Burgenland, Sankt Pölten Stadt, Mistelbach und Scheibbs in Niederösterreich sowie Hallein in Salzburg wurden von Gelb auf Orange hochgestuft. Positive Nachrichten gab es für drei Bezirke: Kufstein in Tirol wurde von Orange auf Gelb herabgestuft. Eferding in Oberösterreich und Deutschlandsberg sind nun wieder grün statt bisher gelb.

Momentan können 2,7 Prozent der Infektionen in Österreich, die mit einer Fallhäufung (Cluster) in Zusammenhang stehen, dem Bildungsbereich zugeordnet werden. Das geht aus der aktuellen Analyse der Epidemiologin der Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) hervor. Die Hälfte der Cluster zuordenbaren Infizierten haben sich demnach seit 1. September im Haushalt angesteckt. "Die Haushaltscluster dominieren noch immer", sagte die leitende AGES-Epidemiologin Daniela Schmid. Rund die Hälfte der Gesamtfälle lassen sich Clustern zuordnen.

Wien stellt indes die Strategie bei der Testung von Verdachtsfällen um, nämlich auf Fahrradboten. Diese werden Personen mit Symptomen daheim aufsuchen und die Untersuchung in die Wege leiten. Voraussetzung dafür, dass kein medizinisches Personal mehr nötig ist, ist auch eine Änderung der Testmethode. Es werden in diesen Fällen nur mehr Gurgeltests verwendet. Bei Symptomen soll weiterhin zunächst das Gesundheitstelefon 1450 kontaktiert werden.

In Niederösterreich waren am Freitag die Schnelltests für Arbeitnehmer und Unternehmen voll angelaufen. Im "Start-Bezirk" Mödling seien bereits zum Auftakt am Donnerstag 400 Anmeldungen beim Arbeits- und Sozialmedizinischen Zentrum (AMZ) eingegangen, teilten die Arbeiter- und Wirtschaftskammer des Landes mit. Die Schnelltest-Straße in Wiener Neudorf sei in Vollbetrieb. In einem Unternehmen im Bezirk Mödling wurden inzwischen 53 Fälle verzeichnet, am Tag zuvor waren es noch 18 gewesen.

Der Vizepräsident des Verbandes der Arzneimittel-Vollgroßhändler (PHAGO), Bernd Grabner, forderte am Freitag die Koordination von Impfstoff-Verteilungen "in eine Hand" zu legen. Diese Lehre müsse man aus dem diesjährigen Umgang mit dem Grippe-Impfstoff ziehen und das sei gerade in Hinblick auf einen künftigen Corona-Impfstoff zu berücksichtigen. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner kündigte eine parlamentarische Anfrage zur Beschaffung des Grippe-Impfstoffs an und forderte diesen kostenlos für alle Österreicher, nicht nur im Kinder-Impfprogramm.

Fallzahl in Unternehmen von 18 auf 52 gestiegen

Die Zahl der Coronavirus-Infektionen in einem Unternehmen im Bezirk Mödling ist bis Freitagvormittag rasant angestiegen. Verzeichnet wurden nach Angaben aus dem Büro von Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) 52 Fälle, am Tag zuvor waren es noch 18 gewesen. Betroffen seien acht Personen aus Niederösterreich, mehrere mit Hauptwohnsitz in Wien und "ungarische Arbeitskräfte, die täglich hin und her gependelt sind", sagte ein Sprecher auf APA-Anfrage.

Für das Contact Tracing bei den Mitarbeitern aus Ungarn sei das Heimatland zuständig. Die Gesundheitsbehörde sei informiert worden, hieß es.

Im Unternehmen fanden laut Angaben des Sprechers in Summe zwei Screenings statt. Eines wurde von der Firma selbst initiiert und brachte 23 Fälle zutage. Eine weitere Testung ergab 29 positive Befunde.